Düsseldorf. Große Oper fällt während der Pandemie aus: Da stimmt ein Mitschnitt des „Ring des Nibelungen“ der Deutschen Oper am Rhein fast melancholisch.
Die Pandemie hat die ganz große Oper aus dem Theateralltag gedrängt. Wenn die Deutsche Oper am Rhein mit einem Mitschnitt von Richard Wagners Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ an den noch immer größten und längsten Brocken des Repertoires erinnert, kommt geradezu nostalgische Wehmut in Erinnerung an bessere Zeiten auf. Nun ist der „Ring am Rhein“ auf zwölf CDs komplett in einem Schuber erhältlich, wenn auch bis Ende des Jahres vorerst nur in den Opernshops von Düsseldorf und Duisburg.
Wagner-Mitschnitt aus der Duisburger Mercatorhalle
Dass der Mitschnitt einer konzertanten Aufführung aus der Duisburger Mercatorhalle zu verdanken ist, daran trägt die Pandemie nur eine Teilschuld. Eine szenische Aufführung der Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf wurde bereits 2019 vor der Seuche durch einen massiven Wasserschaden im Duisburger Theater vereitelt. Die Notlösung, das Werk konzertant in der benachbarten Mercatorhalle aufzuführen, erwies sich zumindest akustisch als Glücksfall. Die erheblich besseren klanglichen Bedingungen des Konzertsaals bewogen Generalmusikdirektor Axel Kober letztlich, den „Ring“ mitschneiden zu lassen.
Dass die Rheinoper in der Lage ist, das Werk zum größten Teil mit eigenen Kräften hochwertig zu besetzen, spricht für die kluge Ensemblepflege des Zwei-Städte-Instituts, auch wenn sich damit die übermächtige Konkurrenz der Referenzaufnahmen von Solti und Karajan bis Sawallisch und Janowski nicht aushebeln lässt. Die stärksten Akzente setzt der Mitschnitt mit dem erfreulich plastischen Orchesterklang, den Kober mit den Duisburger Philharmonikern erzeugt.
Axel Kober hat das Spiel des Orchesters weiter verfeinert
Kober, Wagner-erfahren von Wien bis Bayreuth, wo er in diesem Jahr den „Tannhäuser“ dirigiert, und derzeit nicht nur Generalmusikdirektor der Rheinoper, sondern auch der Duisburger Philharmoniker, hat das Spiel des Orchesters weiter verfeinert und zielt darauf, den dramatischen Gehalt des Werks möglichst schlank und unpathetisch hörbar werden und dabei weder orchestrale Opulenz noch kammermusikalische Raffinesse zu kurz kommen zu lassen.
Die Balance zwischen Orchester und Singstimmen ist im Wesentlichen ausgeglichen, wenn auch nicht in jeder Szene. Bei der Besetzung kann sich Kober mit wenigen Ausnahmen auf das Hausensemble der Rheinoper verlassen. Und Gäste wie etwa Linda Watson als Brünnhilde sind dem Haus seit langem eng verbunden. Dass sich die Stimme der rollen-erfahrenen Sängerin hörbar verschärft hat, damit muss und kann man leben.
Dokument der Leistungsstärke
Das vokale Niveau kann sich rundum hören lassen mit zum Teil herausragenden Leistungen. Sarah Ferede und Michael Weinius repräsentieren ein stimmiges Wälsungenpaar und Sami Luttinen verleiht dem düsteren Hagen die nötige Bassschwärze. Jochen Schmeckenbecher bietet eine hintergründige Darstellung des Alberich, Cornel Frey singt einen Mime auf Augenhöhe von Corby Welch, der die Siegfried-Partien kraftvoll und kultiviert durchsteht. Dem Wotan von James Rutherford könnte eine wenig mehr Stimmvolumen nicht schaden; die meisten kleineren Rollen sind adäquat besetzt, was vor allem auch den homogen klingenden Ensembleszenen der Rheintöchter, Nornen und des Walküren-Oktetts zugutekommt.
Insgesamt ein beeindruckendes Dokument der Leistungsstärke der Deutschen Oper am Rhein auch unter schwierigen Bedingungen. Und zugleich ein Appetitanreger für die nächsten szenischen Aufführungen des „Rings“ in Düsseldorf und Duisburg, auf die wir allerdings noch einige Zeit warten müssen.
>>> CDs und Streaming
Der komplette „Ring des Nibelungen“ auf 12 CDs im Schuber ist derzeit nur in den Opernshops der Deutschen Oper am Rhein erhältlich (vor Ort oder per Online-Bestellung: https://webshop.operamrhein.de/eventim.webshop).
Im Handel sind alle Teile als Stream online abrufbar. „Das Rheingold“ und „Die Walküre“ auch separat als CD-Alben. „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ folgen bis Jahresende.