Düsseldorf. Parallel zum großen Toten-Hosen-Fest im Rheinstadion zeigt der 75-jährige Punk-Opa Iggy Pop ebenfalls in Düsseldorf, was mit Punk gemeint ist.
Hennes Bender, Ruhrpott-Comedian, fasst es so zusammen: „Während einige von Euch gestern bei den „Toten Hosen“ waren, war ich zeitgleich ein paar Meter entfernt bei einem Punk-Konzert!“ Und weiß Gott, der Mann hat recht. Gewiss, bei Iggy Pop ist mittlerweile der Saal bestuhlt. Man fragt sich allerdings, warum. In der Mitsubishi-Electric-Halle hielt es keinen auf den Sitzen, nach drei Akkorden stürmten die Menschen zur Bühne – und beim dritten Song auf eben diese, so dass der kleine, große Mann aus Michigan im Trubel fast nicht mehr auszumachen war.
Aber wer traut sich schon, auf dem Hintern sitzen zu bleiben, wenn da jemand mit 75 Jahren auf die Bühne gehinkt kommt, aber eine Energie verströmt, als wäre Punk gerade erfunden worden und nach 30 Sekunden das schwarze Jackett in die Ecke pfeffert und mit nacktem Oberkörper über die Bühne berserkert als gäbe es kein Morgen. Nun, so hat er ja auch zwei Jahrzehnte gelebt, bis er annähernd vernünftig wurde.
Das Publikum ist mindestens so erschöpft wie der Meister
Egal ob „Five Foot One“ oder etwas mehr: Der Mann hat die Bühnenpräsenz, um das selbst entfesselte Chaos auch wieder zu bändigen: Nach den drei ersten heftigen Einschlägen der anfangs etwas überlauten Band, bittet er die Fans höflich von der Bühne. Es geht mit „The Endless Sea“ kurz besinnlich weiter, um dann mit „Death Trip“ und „Gimme Danger“ wieder auf die Tube zu drücken. Erst nach „Lust for Life“, „The Passenger“ und „I wanna be your dog“ kehrt Ruhe ein: ein knappes Stündchen ist rum und offenbar ist das Publikum mindestens so erschöpft wie der Meister. Es gibt kein großes Zugaben-Gejohle, alle wissen: das war es noch nicht.
So beginnt der musikalisch deutlich spannendere zweite Teil des Abends, an dem die siebenköpfige Band mit ihren zwei Bläsern mehr Raum für Klang und Entfaltung bekommt. Mit „Sister Midnight“ und dem neuen Song „James Bond“ sowie „Hero“ (von den Krautrockern „Neu!“) geborgt, wird es an diesem Abend dann musikalisch deutlich ausgefeilter.
Iggy Pop lässt seine Stimme, die zwischen finsterem Erzählton und kräfigem Punk-Shout wechselt wie kaum eine zweite, tatsächlich richtig singen. Und wenn dann mal ausgerechnet bei „I’m sick of you“, das er nahezu balladesk entfaltet, das Mikro streikt, wird eben in aller Ruhe noch einmal von vorn begonnen.
Insofern endet nach gut anderthalb Stunden ein dramaturgisch ungewöhnlich aufgebautes Konzert mit Eskalation am Anfang und ausgefeilten Klang am Ende. Aber Iggy wäre nicht Iggy und Punk vielleicht doch tot, wenn er nicht zum Finale mit „Search and Destroy“ es noch einmal zerstörerisch laut würde. Für ihn wie für die Fans gilt an diesem Abend: Gesucht, gefunden, aber nicht kaputtzukriegen.