Zwei groß angekündigte Filme starten, doch „Moonfall“ und „Tod auf dem Nil“ sind jeder auf seine Weise angreifbar. Unsere Kritik erklärt, warum.
Verheddert im All
Bei der NASA schrillt der Alarm. Der Mond befindet sich in einer vernichtenden Kollisionsellipse mit der Erde. In weniger als drei Wochen wird alles Leben auf der Erde ausgelöscht sein. Schlimmer noch, eine fremdartige Macht hat sich im Innern des Mondes eingenistet und den Trabanten aus der Bahn gebracht. Während auf der Erde Gezeiten und Schwerkraft aus den Fugen geraten, soll eine Raummission das Unmögliche schaffen – die Rettung der Erde. Keine zwei Monate nach dem Asteroiden im stargespickten Untergangsspektakel „Don’t Look Up“ kommt jetzt in „Moonfall“ gleich der ganze Mond auf die Erde hernieder. Es ist erneut kein guter Film von Roland Emmerich, der Regie führte, am Drehbuch mitschrieb und auch als Produzent beteiligt ist.
Zwar weiß der erklärte Master of Desaster immer noch um die Wirkung von spektakulären Katastrophenbildern. Viel schlimmer aber ist, dass Emmerich anscheinend vergessen hat, wieso seine früheren Filme „Independence Day“, „The Day After Tomorrow“ und sogar „2012“ Spaß machten, und sein jüngster nicht mehr. Das Drehbuch verheddert sich ständig in parallel ablaufenden Handlungen, die Dialoge sind nur Sprechblasen fürs Offensichtliche.
Alle Schauspieler (auch Halle Berry und Patrick Wilson) verkümmern in papiernen Rollen und am Ende wird wie zum Hohn eine Fortsetzung angedeutet, weil man im Hintergrund mit einer Trilogie plante. Woraus vermutlich nichts werden dürfte, denn Emmerichs Science-Fiction-Ansatz steckt fest zwischen dem Pulp der 1960er Jahre und der Retro-Ironie unserer Zeit. Er beschwört Familienwerte aus Familienwestern der 50er und lässt irrsinnig große Ungetüme ganz kleinen Gefährten nachlaufen und begreift nicht, dass das schon bei „Godzilla“ und „Independence Day 2“ keiner sehen wollte. Die tragische Folge: Roland Emmerich findet sein Publikum nicht mehr.
Schifffahrt fürs Auge
Bei Kenneth Branagh liegt der Fall anders. Der Nordire stieg 1989 mit seiner Verfilmung von „Heinrich V.“ zum Star auf und posaunte sodann prahlerisch, das komplette Shakespeare-Werk verfilmen zu wollen. Seither hat er neben Sir William – so vielseitig wie orientierungslos – auch Mary Shelleys „Frankenstein“, den Marvel-Hünen Thor und den Jugendbuchhelden Artemis Fowl in Szene gesetzt und agiert nun nach „Mord im Orient Express“ auch in „Tod auf dem Nil“ als Hercule Poirot, natürlich unter eigener Regie.
Wie zuvor in „Mord“ der Eisenbahnzug, ist in „Tod“ das Schiff auf dem Nil ein vorzüglich hergerichtetes Ausstattungsstück, um Freunde der Rätselkrimis nach Agatha Christie in die 1930er Jahre zu entführen. Wieder treffen allerlei gut situierte Leute auf engem Schauplatz zusammen, und als jemand ermordet wird, haben alle ein Motiv. Ein berühmter belgischer Detektiv an Bord muss seine grauen Zellen anstrengen, um den Fall zu lösen…
Nach der aufwendigen, aber auch arg hüftsteifen Verfilmung von 1978 ist „Tod auf dem Nil“ nun keineswegs athletischer, aber immerhin mit genug dekorativem Tand (Poirots Schnäuzer!) bestückt, dass der Kinogenuss wenigstens beim Gucken nicht zu kurz kommt. Besonders die Nilimpressionen, fotografiert auf 70mm-Analogfilm, lassen die Augen übergehen.
Alles sonst ist weniger schön. Besonders zwei krampfig ins Geschehen platzierte Damen dunkler Hautfarbe und deren Blueskapelle zeigen mit Nachdruck auf, dass Diversitätsansprüche bei historisch verankerten Stoffen zwar zweifellos dem Zeitgeist schmeicheln, nicht aber einer künstlerischen Sinnhaftigkeit.