Düsseldorf..

Das Museum Kunstpalast gibt einen imposanten Überblick über die abstrakte Kunst von 1946 bis 1964. „Le grand geste” vereint die amerikanischen und europäischen Heroen der Nachkriegskunst, die Vertreter des Abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock bis Marc Rothko.

Man muss heute schon ein wenig gründeln, um in diesen expressiven Flecken und Farbgewittern, den Klecksen, Kratzern und Schlieren das Politische zu erkennen; und den Mut der Nachkriegs-Maler, sich zu lösen von der klassischen Komposition, vom politisch verordneten Gleichschritt, von der Figuration, die nach Auschwitz nicht mehr möglich schien.

Der Aufstand gegen das Alte, er formierte sich nach 1945 in der Abstraktion. Das Düsseldorfer Museum Kunstpalast widmet dieser Zeit nun eine große Übersichtsschau: „Le grand geste” vereint die amerikanischen und europäischen Heroen dieser Nachkriegskunst, die Vertreter des Abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock bis Marc Rothko. Und die Protagonisten des europäischen Informel von K. O. Götz bis Georges Mathieu: 150 Gemälde von 50 Künstlern, die sich zum kraftvoll-lebendigen Neben- und Miteinander versammeln.

„Die wesentliche Entdeckung der zeitgenössischen Malerei“, notierte der französische Kritiker René Guilly bereits 1947, „ist die Freiheit.“ Die Amerikaner wussten diese neue künstlerische Freiheit explizit in Szene zu setzen, war die abstrakte Malerei doch ein willkommenes Mittel, gegen den „sozialistischen Realismus” der Sojwetunion zu agitieren. Die Welttournee des amerkanischen Abstrakten Expressionismus in den 1950ern war ein deutliches Zeichen: Amerika, das war das Land der unbegrenzten Mal-Möglichkeiten, wo ein betrunkener Jackson Pollock Farbe über die am Boden liegende Leinwand träufelte und das Bild vom „Action Painting” prägte. Ein beeindruckendes Zeugnis dieser Zeit, das wuchtige Werk „Number 32” bildet den Mittelpunkt der Schau, die vor allem ein Fest der Farbe ist und doch viel erzählt von der Zeit des Aufbruchs und dem Aufbegehren der Nachkriegs-Künstler, die im Formlosen zur einer individuellen Haltung fanden.

Ihre gemeinsame Errungenschaft aber, das war die „Abstraktion als Weltsprache”. Dass diese Sprache tatsächlich auch im Dialog funktioniert, beweist nun der Kunstpalast. Denn anders als 1959 bei der richtungsweisenden Kasseler Documenta II, als den Amerikanern die große Bühne bereitet wurde und „die Deutschen im Dachstuhl ausgestellt wurden”, so Kurator Kay Heymer, hängen die Künstler nun gleichberechtigt beieinander. Pollocks „Dripping“-Bilder korrespondieren nun mit den kraftvoll gestischen Schwüngen des deutschen Informel-Pioniers K.O. Götz, Emil Schumacher entfacht sein Farbenfeuerwerk vis-a-vis Franz Kline. Und Bernhard Schultzes dicke, rosige Ölgeschwulste kontrastieren mit dem schrundig-erdigen Materialbildern von Jean Dubuffet.

Ein Fest der Farbe

Die Ausstellung versammelt das Who is Who der Nachkriegskunst, von Hann Trier bis Karl Fred Dahmen, von Sam Francis bis Helen Frankenthaler. Sie ist auch eine Verneigung vor einer Künstlergeneration, die heute vor allem wegen ihres Einflusses auf die nachkommenden Malerstars wie Gerhard Richter und Sigmar Polke genannt wird, selbst aber als ein wenig museal und muffig gilt. Doch die Düsseldorfer Frischzellenkur hat der Kunst sichtlich gut getan. Wie frisch aufgeladen wirken manche Werke nun im Kontrast. Da zucken mächtige Linien-Blitze und heftige Farbgewitter durch geheimnisvolle Innenlandschaften, da treffen sich Asger Jorns düsteres „Nachtstück“ und Karl Appels taghelles „Strandleben“ zur kontrastreichen Konversation. Und Kimber Smith’ blumige „Hommage an Madame Rüdlinger) oder Ernst Wilhelm Nays „Stunde Ypsilon“ sind nur zwei eigenwillig-kraftvolle Klänge im vielstimmigen Farbkanon.

Die Schau, erklärt Kuratorin Susanne Rennert, markiert dabei auch ein wichtiges Stück Düsseldorfer Kunstgeschichte, denn am Rhein entstand mit Künstlern wie Winfred Gaul , Gerhard Hoehme oder Peter Brüning, Mitglieder der legendären „Gruppe 53“, ein Zentrum des deutschen Informel. Es war auch der formlose Wiederanschluss an die internationale Kunstgeschichte.