Dortmund/Köln. Alles neu beim Tatort: Nicht genug damit, dass Dortmund ab 2012 seinen eigenen Tatort bekommt - auch der Ansatz unterscheidet sich von anderen Ausgaben des ARD-Krimis. Statt um Verbrechen, Opfer und Täter soll es vor allem um die Ermittler gehen.

Uwe Kammann war begeistert. Ein „Tatort“ für Dortmund – das bringt den Chef des Grimme-Institutes in Marl zum Schwärmen. „Das ist so reizvoll wie konsequent und liegt geografisch voll auf westöstlicher Ruhrgebiets-Linie: Duisburg, Essen, Dortmund. Die Stadt bietet üppige Spielflächen mit toller Atmosphäre und vielen attraktiven Aspekten: von der Wandel- und Verwaltungsmetropole über ruppige Alltagsviertel bis zu den markanten Sport-Ikonen von Stadion und Westfalenhalle. Ein ebenso praller wie filmisch weitgehend unbeleckter Ort: Das kann nur gutgehen.“

Der Reihe nach. Schon zu Beginn dieses Jahres hatte die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel verraten: „Wir sind dabei, einen neuen ,Tatort’ für das Ruhrgebiet zu entwickeln.“ Dass als Schauplatz Dortmund in Frage kam, lag nahe.

U oder Phoenixsee, Konzerthaus oder Signal-Iduna-Stadion

Bisher hatte der WDR Essen und Duisburg bedacht. Völlig zu Recht: Die TV-Kommissare Haferkamp und Schimanski hatten, jeweils auf ihre Art, Fernsehgeschichte geschrieben. Dortmund als dritte Ruhr-Metropole indes war in vier Jahrzehnten „Tatort“ außen vor.

Zugleich spricht viel für die knapp 600 000 Einwohner zählende Großstadt am Ostrand des Reviers. Ob U oder Phoenixsee, Konzerthaus oder Signal-Iduna-Stadion – nirgendwo sonst im Revier wird der Strukturwandel von einer grauen Malocher-Zone zu einem grünen Revier mit Handel und HighTech so sichtbar wie in Dortmund. Kein Wunder, dass die Gerüchteküche schon lange brodelte, auch wenn wichtige Figuren in dem Spiel wie Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) nach außen hin schwiegen. Aber sie schwiegen beredt.

Hartmann & Co. sollen erstmalig im März 2012 vor der Kamera stehen

Auch Aylin Tezel wird zum Tatort-Team gehören. Foto: Getty
Auch Aylin Tezel wird zum Tatort-Team gehören. Foto: Getty © Getty Images | Getty Images

Am Dienstagabend lüftete der WDR den Schleier bei einem Hintergrund-Gespräch in Köln. Der neue „Tatort“, so die Botschaft von Fernsehchefin Verena Kulenkampff, „Tatort“-Koordinator Gebhard Henke und Redakteur Frank Tönsmann, erzählt von einem starken Team. Dazu gehören Fernsehpreisträger Jörg Hartmann (42, „Weissensee“), seine Kolleginnen Anna Schudt (37) und Aylin Tezel (28) sowie ein weiterer Kollege, der noch gefunden werden muss.

Produziert werden die neuen Revier-Krimis von der Colonia Media. Das Unternehmen zeichnet auch für die beiden anderen „Tatorte“ des WDR verantwortlich, die in Köln und Münster gedreht werden. Der WDR ergänzt die beiden Erfolgsteams – Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt am Rhein einerseits und Axel Prahl und Jan Josef Liefers am Aasee andererseits – um die neue Truppe vom Phoenixsee. Insgesamt sechs „Tatorte“ steuert der WDR fürderhin zu den Neustarts von Deutschlands ältester und zugleich erfolgreichster Krimi-Reihe jährlich bei, davon zwei aus Dortmund.

Hartmann & Co. sollen erstmalig im März 2012 vor der Kamera stehen. Das Publikum darf ihnen im Herbst nächsten Jahres bei der Arbeit zusehen.

„Die Leute haben einen trockenen Humor“

WDR-Redakteur Frank Tönsmann über das Konzept: „Wir erzählen in erster Linie das Team. Geschichten von Tätern und Opfern spielen eine untergeordnete Rolle. Wir wollen realitätsnah von Polizeiarbeit erzählen.“ Ein Team ermöglicht dem WDR, die Geschichten aus dem neuen Revier flexibel zu erzählen. Schwerpunkte können problemlos verschoben werden, ohne den Kern des Krimis aufzugeben.

Und die Region? Der Strukturwandel bildet den Hintergrund der Polizeiarbeit. Die Gegend ist rau, doch niemand klagt. „Die Leute“, weiß Redakteur Tönsmann aus eigenem Erleben, „haben einen trockenen Humor.“ Er balanciert auf dem schmalen Grat von Scherz und Ernst.

„Tatort“-Koordinator Henke will die regionalen Eigenheiten der Ruhris im Film transportiert wissen. Zugleich aber soll das Lebensgefühl Ruhr bundesweit nachvollziehbar sein. Es gibt schwerere Aufgaben. Mach et, Hartmann.