Essen.. Umfrage in der Musik-Szene: Welche Chancen hat Lenas „Taken By A Stranger“? Die Meinungen sind geteilt. Sie reichen von Lob bis Totalverriss. Udo Lindenberg glaubt an den Raab-Schützling.
Lena für Deutschland, „Taken By A Stranger“ für Lena. Welche Chancen hat das Lied, mit dem Lena Meyer-Landrut ihren Titel beim ESC-Finale in Düsseldorf verteidigen will?
„Mr. Grand Prix“ Ralph Siegel (65) gibt neidlos zu: „Mir gefällt der Song gut.“ Das Lob enthält allerdings kleingedruckte Einschränkungen: „Der Vorteil des Songs ist: Lena braucht nicht zu singen, und dann steigen ihre Chancen. Sie sieht gut aus, die Show ist teuer und gut, und sie vertritt das Gastgeberland. Das bringt sicher Punkte.“
Siegel macht darauf aufmerksam, dass „unser Song für Deutschland“, wie der ESC-Vorlauf bei ProSieben und im Ersten hieß, nicht aus der Feder eines deutschen Komponisten stammt. Bei dem Wettbewerb trete „wieder ein Lied von amerikanischen Autoren an“, merkt Siegel süffisant an. Und weiter: „Deutschland, das Land der Dichter und Denker, stellt sich somit wieder ein gewisses kreatives Armutszeugnis aus. Stefan Raab hatte doch genügend Zeit, ein tolles Lied zuschreiben. Aber keines von seinen erdachten und erwählten drei Liedern wollte das Publikum – nicht mal er selbst. Dennoch viel Glück Lena !”
Siegel kann sich überdies einen Hinweis nicht verkneifen: Lenas Produzent Raab dürfte seiner Meinung nach als Beteiligter den Wettbewerb „nicht moderieren“. Zwar gelte die Einschränkung in den ESC-Regeln nur für Autoren, „aber gedacht ist an Unabhängigkeit“.
Peter Autschbach (49, „We Will Rock You“), Rock- und Jazz-Gitarrist aus Siegen: kann mit „Taken By A Stranger“ gar nichts anfangen: „Der Song ist für jeden ernsthaft arbeitenden Musiker ein Schlag ins Gesicht.“
Siggi Loch (70), früherer Europa-Chef von WEA, heute Chef des Jazz-Labels ACT, widerspricht: „Das ist ein sehr guter, moderner Popsong ,und Lena hat ihn mit Bravour gemeistert.“
Tim Renner (46), ehemaliger Chef der Universal Music Group in Deutschland und heute Kopf der Motor-Gruppe, sekundiert: „Ich habe ihn nur einmal gehört und bin froh, dass er sich dann doch von der mittlerweile durchschaubaren Adele-Duffy-und-Co.-Logik abhebt und elektronischer ist, aber der Titelverteidigung durch Lena selbst stehe ich kritisch gegenüber, denn wir drohen hier (egal wie es ausgeht) ein großes Talent rein auf den Grand Prix zu reduzieren.“
Panik-Rocker Udo Lindenberg (64) glaubt nicht daran, dass die 19-Jährige aus Hannover im Mai eine Mission Impossible, einen unerfüllbaren Auftrag, erfüllen muss. Im Gegenteil: „Taken By A Stranger“, glaubt der Rockvater der deutschsprachigen Sangeskunst, habe ,solide Chancen“, um nachzuschieben: „Wünsch ihr Good Luck (viel Glück).“