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Star-Fotograf Olaf Heine hat Musik im Blick: In seinem Bildband „I Love You But I’ve Chosen Rock“ zeigt der Star-Fotograf die grobkörnige Seite des Rock’n’Roll - zum Beispiel mit den Toten Hosen, Coldplay und Iggy Pop.
Am liebsten wäre er wohl Musiker geworden. Allerdings hat Olaf Heine als Teenie kein Instrument gespielt. Er begann, mit der Kamera zu rocken: Sie sei seine Eintrittskarte in die Szene gewesen, „in diese andere Sphäre“, sagt der Star-Fotograf. Sein neuer Fotoband funktioniert als Ticket für einen Kurztrip dorthin – und trägt den schönen Titel „I Love You But I’ve Chosen Rock“.
Den Spruch hat jemand an eine Berliner Mauer gesprüht. Heine, nach seiner Lehre als Bauzeichner und dem abgebrochenen Architekturstudium in Berlin gelandet, hat das Bild gemacht – eins von denen ohne Stars, die so viel Stimmung verbreiten und weit ab liegen von der Hochglanzseite des Musikgeschäfts. An der poliert Heine sehr erfolgreich mit. Sting, Iggy Pop und Jon Bon Jovi, Die Toten Hosen, Marius Müller-Westernhagen oder Max Herre, Coldplay und Paul Weller: Alle lässt er gut aussehen, oder mindestens cool, fast immer in Schwarz und Weiß und vielen Nuancen Grau.
Perfekt gestellt oder ungestellt perfekt getroffen
Rock’n’Roll ist ja eher grobkörnig. Zum Beispiel bei Campino, der das Mikro umklammert und nachdenklich ins Leere guckt. Oder bei Chris Cornell, dem beim Gig so viel Schweiß aus den Poren quillt wie Ausdruck aus den Augen. Aber Rapper Snoop Dogg sieht Heine gestochen scharf: Die Schwaden von Was-immer-er-auch-raucht ziehen ihm aus dem leicht geöffneten Mund in die Nase. Und an Richard Ashcroft geht er ganz nah ran: große Augen, große Nase, volle Lippen im von Licht und Schatten zweigeteilten, schmalen Gesicht.
Wenn’s um Rock in Bildern geht, hat Heine alle Spielarten im Repertoire. Der 42-Jährige macht perfekte gestellte Porträts, großartige gestellte Bilder, die völlig ungestellt wirken und ungestellte Fotos, geschossen im perfekten Moment.
Vermutlich kuscheln die Sportfreunde Stiller eher selten unter einer Bettdecke – ihr unschuldig-ernster Blick übers blütenweiße Plumeau könnte trotzdem kaum natürlicher wirken. James Blunt sieht in der Gasse mit abblätterndem Putz sehr viel männlicher aus, als seine Stimme klingt. Und Fran Healy von Travis zeigt der Kamera mit freundlich-frechem Lächeln den Finger.
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Wie ist das, mit Rockstars zu arbeiten? In dem englischsprachigen Band ist ein Gespräch aufgezeichnet zwischen Olaf Heine und Astrid Kirchherr, die in den 60er-Jahren in Hamburg die ersten professionellen Fotos von den Beatles machte. Faksimiles von Olaf Heines Kalender-Notizen zeigen Storyboards für Video-Drehs und Verabredungen zum Essen, Heines kalifornischen Führerschein und Taxiquittungen aus Wien. Und zwischendurch erzählt der Fotograf vom Trip nach Hawaii oder nach São Paulo, nach Australien und New York City.
Die Texte sind manchmal witzig, erhellend, wenn Heine aus der Szene berichtet und seine Karriere nachzeichnet. Stimmungen trifft der Fotograf allerdings in Bildern präziser und weniger pathetisch, in Worten lesen sie sich manchmal etwas bemüht.
Das sind Heines Fotos nie. Wer gerade keinen Backstage-Pass für die Lieblingsband zur Hand hat, guckt mit durch seinen Sucher. Vielleicht nicht die allerauthentischste Erfahrung – aber sie ist weniger anstrengend als durchgemachte Nächte, riecht garantiert besser als alkoholgetränkte, schwitzende, rauchende Rocker und macht richtig Spaß.