Ruhrgebiet..

Im September beginnt die Saison der Sprechbühnen im Ruhrgebiet mit drei neuen Intendanten in Dortmund, Bochum und Essen . Hier gibt’s den Überblick über die nächste Spielzeit an den Theatern der Region.

So viel Neubeginn an Theatern im Ruhrgebiet ist selten. In Dortmund, Bochum und Essen treten mit der Spielzeit 2010/2011 neue Schauspiel-Intendanten oder -Direktoren ihren Dienst an. Für das Publikum sind das die spannendsten Momente: Das Vertraute wird abgelöst durch neue Ideen, neue Schwerpunkte, neue Schauspielergesichter. Im September beginnt nach und nach der Spielbetrieb an den Sprechtheatern. Zeit, den Appetit anzuregen.

Anselm Weber ist der neue Intendant des Schauspielhauses Bochum Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Anselm Weber ist der neue Intendant des Schauspielhauses Bochum Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool






Bochum: Anselm Weber, der neue Mann im Schauspielhaus, könnte den Bochumern längst ein Begriff sein, denn er hat fünf Jahre lang erfolgreich in Essen Theater gemacht. Doch weil Bochumer sich im Besitz der besten Bühne wähnen, bewegen sie sich selten in umliegende Spielstätten. Aber Weber sucht in Bochum ohnehin einen neuen Ansatz. International soll es werden, der „andere Blick” von außen soll Sehweisen verändern. Einen ersten Eindruck wird man am 8. Oktober erhalten, wenn der Tunesier Fadhel Jaibi seine Interpretation der „Medea” herausbringt.

In Bochum wird das theatralische Überangebot durch die RuhrTriennale besonders deutlich: Webers Eröffnungspremiere „Candide” nach Voltaire (inszeniert vom Holländer Paul Koek) kollidiert am 23. September gleich mit einer Triennale-Premiere in der Jahrhunderthalle. Fünf Premieren sieht dieses erste lange Weber-Wochenende vor, da-runter Shakespeares „Sturm” (25. 9.), inszeniert vom Essener Publikumsliebling David Bösch. Auch eine erste Kostprobe von Weber selbst gibt es: Er bringt in den Kammerspielen Christoph Nußbaumeders „Eisenstein” (26. 9.) zur Uraufführung, die Saga einer zerrissenen Familie.

Theateraufführungen in Düsseldorf auf der großen Bühne des „Central“


Dortmund: Kay Voges, der neue Mann am Theater Dortmund, muss einen Spielplan aus dem Nichts erstellen, weil der Schauspieldirektor aus Michael Gruners Ensemble nur einen einzigen Schauspieler übernommen hat. Die Trennung von bewährten und durchaus beliebten Mimen hat das Misstrauen gegen den „Neuen” geschürt. Mit drei Klassikern will Voges am ersten Wochenende diese Zweifel abbauen und zeigen, wohin die Reise gehen wird. Der Chef selbst eröffnet am 1. Oktober mit Büchners „Woyzeck”, zu dem der neue musikalische Leiter, Paul Wallfisch, die Musik komponiert hat. Lessings „Miss Sara Sampson” (2. 10.) sowie „Die Perser” (3. 10.) von Aischylos komplettieren den Neustart.


Düsseldorf: In der Landeshauptstadt bricht die letzte Spielzeit der Intendantin Amélie Niermey an. Ein Eröffnungsgedränge bleibt hier also aus, dafür muss wegen Renovierung des Großen Hauses auf Ersatzspielstätten ausgewichen werden. Die Hausherrin eröffnet auf der großen Bühne des „Central” neben dem Hauptbahnhof ihr letztes Jahr am 17. September mit Tschechows „Möwe” und besinnt sich damit auf ihre Stärken - ihre Inszenierung der „Drei Schwestern” hinterließ hier einen starken Eindruck. Es folgen am 25. 9. Lion Feuchtwangers „Die Jüdin von Toledo” (Regie Rafael Sanchez) und am 3. 10. Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)” in der Regie von Hermann Schmidt-Rahmer.

Christian Tombeil spielt in Essen mit dem Essen

Mit Essen spielt das Theater Essen.
Mit Essen spielt das Theater Essen. © Unbekannt | Unbekannt






Essen: Für all jene, die nicht gerade Kenner der Doppelbühne Krefeld/Mönchengladbach sind, ist Christian Tombeil, der neue Intendant in der Kulturhauptstadt, ein unbeschriebenes Blatt. Sein Spielzeitheft soll den Theaterhunger fördern, verschlägt einem aber eher den Appetit. Das Ensemble präsentiert sich da umkränzt von Schnitzeln auf nackter Haut, Joghurt im Gesicht oder Möhren in der Nase. Vielleicht überzeugen ja mehr die Inszenierungen, von denen es bis Ende Oktober sieben geben wird. Gestartet wird am 30. September mit Kleists „Prinz Friedrich von Homburg”. Spannender als solch gesicherte Klassik hören sich die weiteren Projekte an: die deutschsprachige Erstaufführung von Dennis Kellys Stück „Osama der Held” (1. 10.) über die Wirkung von Angst und Vorurteilen, sowie die Aussteigerkomödie „Jede Menge Kohle” (2. 10.) nach dem kultigen Film von Adolf Winkelmann.


Köln: Unter Karin Beier ist das Schauspiel Köln inzwischen zum Grand Palais der NRW-Theaterkunst geworden, hat aus Bochum längst einen Nebendarsteller gemacht. Wer oben thront, kann sich Zeit lassen, weswegen es in der Domstadt erst am 29. Oktober die erste Premiere geben wird. Karin Beier selbst beschäftigt sich mit drei Arbeiten von Elfriede Jelinek, koppelt das bekannte „Werk” mit den Uraufführungen der zwei kürzeren Szenen „Im Bus” und „Ein Sturz”. In allen Dreien geht es um Menschen, die durch zweifelhafte Ingenieurarbeit ums Leben kommen. In Köln ist man immer auf der Suche nach neuen Theaterformen, weshalb die zweite Premiere im öffentlichen Raum stattfindet, auf einem Platz an der Krefelder Straße. „Roman für eine Stadt” (30. 10) heißt Gesine Danckwarts Projekt.

Peter Carp sorgt in Oberhausen für mehr Besucher

Intendant am Schlosstheater in Moers: Ulrich Greb. Foto: Volker Herold /WAZ FotoPool
Intendant am Schlosstheater in Moers: Ulrich Greb. Foto: Volker Herold /WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool






Moers: In Moers atmet man auf, denn die Existenz des Schlosstheaters ist bis 2015 gesichert. Und weil hier so lange ums Geld gefeilscht wurde, geht es Intendant Ulrich Greb in den beiden ersten Premieren natürlich um Ökonomie. Ob das Tschechows „Kirschgarten” (11. 9.) ist, den Greb auf der sanierten Schlosstheaterbühne inszeniert. Oder „Gerechtes Geld” von Michael Yates Crowley, eine Analyse der Finanzkrise als One-Man Show, die er am 2. Oktober an gleicher Stelle folgen lässt.


Mülheim an der Ruhr: Am Theater an der Ruhr werden keine großen Pläne geschmiedet, dort kann man noch nichts erfahren, was über den September hinausreicht. Immerhin steht mittlerweile die Eröffnungspremiere: Thomaspeter Goergen wird am 15. September Oskar Panizzas „Liebeskonzil” mit Heinrich Lautensacks „Pfarrhauskomödie” verschmelzen. Klingt sinnvoll: Beide Texte thematisieren den Konflikt zwischen Triebbedürfnissen und einer Gesellschaft, die deren Unterdrückung zum Ordnungsprinzip macht.


Oberhausen: Seit Peter Carp in Oberhausener Intendant ist, hat das Theater wieder einen ähnlich guten Ruf wie einst unter Klaus Weise. Inzwischen hat das auch das Publikum bemerkt, es strömt wieder stärker. Zur Eröffnung seiner dritten Spielzeit lässt Carp die Nachwuchsregisseurin Corinna Sommerhäuser sich an Shakespeares „Sommernachtstraum” (17. September) versuchen. Herbert Fritsch, der das Oberhausener Ensemble regelmäßig zu darstellerischen wie körperlichen Höchstleistungen treibt, liefert danach im Großen Haus Ibsens „Nora oder ein Puppenheim” (29. 10.) ab

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