Frankreich. Der kaffeesüchtige, zu Übellaunigkeit neigende Kommissar Dupin ermittelt in seinem zweiten Fall in der Provinz: „Bretonische Brandung“ bietet eine fernwehfördernde Mischung aus Landschaftsreportage, raffiniertem Speisekartenspiel, Geschichtskurs und keltischer Schrulligkeit.
Im Venedig von Commissario Brunetti sind weder die Verbrechen besonders verbrecherisch noch die Ermittlungsmethoden besonders kriminalistisch. Vom Spannungsgehalt könnte man nicht einmal eine Kleinstfamilie ernähren. Und von einem Krimi spricht man wahrscheinlich nur, weil es Tote darin gibt und auch einen Kommissar. Die Hauptrolle im Erfolgsgeheimnis von Donna Leon aber dürfte die Kulisse, die Atmosphäre dieses urdeutschen Sehnsuchtsortes in Italien spielen.
So ähnlich funktionieren die Bretagne-Krimis von Jean-Luc Bannalec. Nur dass Kommissar Dupin kein smarter Schwiegermutterliebling für melancholische Rotweinstunden ist, sondern ein notorischer Morgenmuffel, den man wegen seines bei Vorgesetzten eher unbeliebten Rückgrats nach Concarneau strafversetzt hat. Und dessen Morgende sich ohne ausreichende Zufuhr von Kaffee (oder, wie es im Roman ganz stilecht heißt: „café“) bis Mitternacht ausdehnen.
Vor einem Jahr den ersten Fall gelöst
Als Dupin vor einem Jahr den ersten Fall löste, katapultierte es ihn an die Spitze der Bestsellerlisten. Und auch den zweiten „Bretonische Brandung“ wird es dorthin tragen. Denn es ist wiederum eine fernwehfördernde Mischung aus Landschaftsreportage, raffiniertem Speisekartenspiel, Geschichtskurs und keltischer Schrulligkeit, die über einen 08/15-Fall hinwegträgt.
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Es geht um drei Tote auf der Inselgruppe Îles de Glénan, einem bretonischen Karibik-Paradies, das nach diesem Buch keine Werbung mehr nötig haben wird. Die drei Toten – ein Admirals Cup-Gewinner, ein Matratzenfabrikant und ein Bauunternehmer, der Glénan touristisch ausbeuten will – konnte keiner leiden, und so hat es Dupin mit einer eklatant großen Reihe von Verdächtigen zu tun. Nicht nur wegen der gekonnten Dialoge darf man schon jetzt auf eine Verfilmung wetten.
Jean-Luc Bannalec: Bretonische Brandung. Kommissar Dupins zweiter Fall. Kiepenheuer & Witsch, 352 S., 14,99 €.