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Er verkauft blaue Pillen. Sie braucht Medikamente, um ihre Parkinson-Krankheit im Griff zu haben. Dass sich aus dieser Konstellation eine bemerkenswert reife und einfallsreiche Liebesromanze machen lässt, zeigt Edward Zwick mit „Love and Other Drugs“.

Das Leben von Pharmazievertretern in den USA war noch nie ein leichtes, in den 90-er Jahren allerdings muss es besonders schwer gewesen sein. Ein gut aussehender Typ wie Jamie Randall (Jake Gyllenhaal) beispielsweise baggert liebesbedürftige Sprechstundenhilfen an und geleitet sie zu Bett, nur um seine Produkte näher an den Arzt zu bringen. Gelegentlich schmiert er auch die Doktoren selbst, indem er einen sexsüchtigen Vertreter dieser Berufsgattung (Hank Azaria) gern schon mal mit passenden Adressen versorgt.

So wie Edward Zwicks neuer Film „Love and Other Drugs - Nebenwirkung inklusive“ (Kinostart: 13. Januar) anfängt, könnte man ihn glatt als giftige Satire auf einen Berufsstand begreifen. Zumal die Handlung auf jenen Punkt zusteuert, als das von Jamie vertriebene Viagra erstmals die Männer gänzlich ausflippen lässt. Nicht nur jene, die sich endlich medizinische Hilfe für ein körperliches Problem erhoffen, sondern auch jene, die dem versteckten Löwen in sich endlich mal so richtig Auslauf gewähren wollen.

Von Prüderie keine Spur

In dem Moment aber, als Jamie in einem Behandlungszimmer auf die junge Künstlerin Maggie Murdock (Anne Hathaway) trifft, dreht sich der Wind in diesem bisher schwer einzuschätzenden Film. Aus den beiden wird zunächst nicht gerade ein Paar, eher schon ein Zweckbündnis zum gemeinsamen Erleben von Sex. Nur das leichte Vibrieren ihrer Finger deutet an, weshalb Maggie eigentlich in Behandlung ist: In jungen Jahren sind bei ihr erste Symptome von Parkinson festgestellt worden.

Raus aus dem düsteren Rollen-Repertoire: Jake Gyllenhaal.
Raus aus dem düsteren Rollen-Repertoire: Jake Gyllenhaal. © waz | waz

Hathaway und Gyllenhaal spielen diese Beziehung mit einer Natürlichkeit, die im amerikanischen Kino nicht gerade selbstverständlich ist. Völlig ohne Prüderie agieren sie vor der Kamera, freuen sich am Zusammensein, auch wenn es immer nur von kurzer Dauer ist. Maggie hat bisher stets One-Night-Stands bevorzugt, um angesichts ihrer Erkrankung keine bindenden Gefühle aufkeimen zu lassen. Mit Jamie jedoch wird alles anders, man versteht sich, lacht miteinander - und plötzlich ist die Liebe da.

In den USA mag man generell keine Filme, die Haken schlagen und sich nicht abgesichert in einem Genre bewegen. Zwicks Film ist in dieser Beziehung die reine Kriegserklärung. Vor allem, wenn auch noch Jamies Bruder Josh (Josh Randall) auftaucht, ein fetter, lebensuntüchtiger Nerd, der ab sofort das Sofa im Wohnzimmer okkupiert und gelegentlich unangenehm auffällt, weil er zum aufgezeichneten Sex der beiden Liebenden onaniert. Eigentlich gehört so etwas in einen pubertätspickligen Highschool-Film.

Aber Edward Zwick weiß schon, was er tut. Schließlich hat er selbst genügend Genrefilme gedreht, historische Kriegsepen („The Last Samurai“) ebenso wie Polit-Thriller („Ausnahmezustand“) oder Abenteuerfilme („Blood Diamond“). Mit „Love and Other Drugs“ knüpft er nun an seinen Erstling „Nochmal so wie letzte Nacht“ von 1986 an, nur dass er nun vorgezeichnete Handlungsstränge fortwährend durch neue Einfälle sabotiert. Trotzdem verliert er das eigentliche Zentrum seines Films nie aus den Augen, was auch an den großartigen Akteuren liegt. Anne Hathaway wird man fortan nicht mehr nur über „Der Teufel trägt Prada“ identifizieren, Jake Gyllenhaal genießt geradezu den Ausbruch aus seinem eher düsteren Rollen-Repertoire.

Am Ende treffen Maggie und Jamie eine Entscheidung, die viel Mut erfordert. Beide waren gerade auf einem Parkinson-Treffen und haben fortgeschrittene Fälle der Krankheit studieren können. Aber da ist dieser unlöschbare Wunsch, einander nah zu sein. Egal, wie diese Krankheit sich entwickeln wird. Mehr Bilder gibt’s hier

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