Essen. Im Geiste des Schulfunks: Der österreichische Regisseur Antonin Svoboda, der schon eine Dokumentation über das Leben des Psychoanalytikers und ewigen Querkopfes Wilhelm Reich (1897-1957) drehte, legt jetzt einen unterbudgetierten Spielfilm mit Klaus Maria Brandauer, Julia Jentsch und Birgit Minichmayr nach.

Kino kann als Bildungsstätte dienen. Rein von der Sache her betrachtet kommt die österreichische Produktion „Der Fall Wilhelm Reich“ dem nach. Gegenstand der filmischen Persönlichkeitsannäherung ist der Wissenschaftler Wilhelm Reich (1897-1957), der zunächst in Wien als Psychoanalytiker die Funktionen des Orgasmus untersuchte und sich dem Kommunimus zuwandte. 1939 floh er vor den Nazis nach Amerika, wo er mit der selbst verfassten Lehre der Orgonomie (Lehre von der Lebensenergie) und dem Cloudbuster, einer Regenmaschine, zum Stein des Anstoßes der Gesundheitsbehörde wurde. Nach zahlreichen Prozessen folgte ein Gefängnisaufenthalt, während dessen Reich unter ungeklärten Umständen verstarb.

Zehn Jahre nach seinem Tod wurde Reich von der 68er Generation als Vordenker wieder gesellschaftliche Normen neu entdeckt.

„Der Fall Wilhelm Reich
„Der Fall Wilhelm Reich" mit Klaus Maria Brandauer und Julia Jentsch als Reich-Tochter Eva. © Movienet / 24 Stunden | Movienet / 24 Stunden

Der Schicksalsweg eines Unbequemen birgt reichen Stoff an Konflikten und sollte insofern eine kraftvolle Filmbiografie ergeben. Unter Regie des Österreichers Antonin Svoboda, der 2009 bereits eine Dokumentation über Wilhelm Reich drehte, entstand das präzise Gegenteil. Ein unterbudgetiertes, geradezu aufreizend undramatisches Charakterstück, das den Erzählfluss durch immer neue Zeitsprünge zerpflückt und gestalterisch den Geist des Schulfunkfernsehens wiederbelebt.

Auch schauspielerische Delikatesse mag sich trotz Schauspielgrößen Julia Jentsch und Jeanette Hain (als Reichs Tochter und Ehefrau) sowie Ex-Sledgehammer David Rasche als Reichs US-Anwalt nicht einstellen. Klaus Maria Brandauer spielt die Titelrolle in routinierter Altväterlichkeit, aber ohne Sinn für Faszination und Geheimnis. Wie überhaupt der Film in braver Realismussucht stecken bleibt. Ungleich charmanter und atmosphärischer war 1985 das Kate-Bush-Musikvideo „Cloudbusting“; aber da wurde Wilhelm Reich auch von Donald Sutherland gespielt.