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Zu John Lennons 70. Geburtstag am 9. Oktober werden viele neue Tonträger angeboten. Ein Lennon-Goldstück fehlt jedoch. Irgendwie ist keine der Editionen richtig komplett.

John Lennon mit Yoko Ono. Foto: Emi
John Lennon mit Yoko Ono. Foto: Emi © EMI | EMI





Echte Beatles-Fans haben Yoko Ono nie als eigenständige Musikerin wahrgenommen. Für sie ist die meist in Schwarz gewandete Japanerin die „Hexe“, die einst John Lennon als ihr eigentliches Kunstwerk entdeckte und damit das Ende der populärsten Pop-Gruppe aller Zeiten vorbereitete. Es war eine Vereinnahmung mit Haut und Haaren. Was sich schon darin zeigte, dass Lennon nun plötzlich damit begann, gemeinsam mit seiner neuen Gattin schwer konsumierbare Avantgarde-Alben zu veröffentlichen.

Die Witwe als Gralshüterin des Lennon-Nachlasses

Die blutige Brille des 1980 ermordeten Lennon auf dem Cover von Yoko Onos eigenem Album „Season of Glass“ signalisierte später noch etwas anderes: Die zur Witwe gemachte Gattin sah sich ab sofort als Gralshüterin des Lennon-Nachlasses, als Herrin über alle posthumen Veröffentlichungen. Die Fans leiden bis heute darunter, denn die bisher erschienenen Editionen zeugen eher von Willkür als von planmäßigem Tun. Vor allem die CD „Lennon Acoustic“ brachte Sammler in Rage, denn mangels Produktionsdaten konnte man erst nach dem Hören erkennen, dass von den 16 Titeln nur sieben tatsächlich als Erstveröffentlichungen durchgehen konnten.

Der 70. Geburtstag Lennons am 9. Oktober wäre nun die Gelegenheit zur großen Versöhnung gewesen. Neben den üblichen Kompilationen für Nachgeborene hatte man endlich wieder Profundes erwartet, wie das bei der „Anthology“ vor elf Jahren schon einmal halbwegs gelungen war. Aber Yoko macht weiter, wie bisher: Bis auf die Best Of-Compilation „Power To The People“ (mit und ohne DVD zu haben) ist nichts irgendwie komplett. Die 4-CD-Box „Gimme Some Truth“ versucht zwanghaft eine Einteilung des Lennon’schen Oeuvres in vier Themenkreise, schrammt dabei aber mit 72 Titeln ärgerlich knapp an der Gesamtzahl aller offiziellen Studio-Einspielungen vorbei.

The Beatles. Foto: Imago
The Beatles. Foto: Imago © imago stock&people | imago stock&people





Das Herzstück der Geburtstagsedition, die voluminöse und schwer verstaubare „Signature Box“, beinhaltet zwar alle acht remasterten Studioalben, nicht jedoch die extra angefertigte „Stripped Down“-Version von „Double Fantasy“, bei der Lennons Stimme nun klar und deutlich im Vordergrund erklingt – sie muss man einzeln kaufen. Bei dem Preis von rund 120 Euro für das weiße Hartpappe-Monstrum hätte man diesen Service einfach erwartet.

Ohne konkrete Angaben

Stattdessen wird mit einer zusätzlichen Doppel-CD geworben, die noch einmal alle sechs Non-Album-Singles von Lennon und der Plastic Ono Band enthält und im zweiten Teil 13 Titel der Marke „Outtakes & Demos“, natürlich wieder ohne konkrete Angaben. Die meisten kommen einem von der „Anthology“ her vertraut vor, nur drei kann man tatsächlich als unveröffentlicht betrachten. Darunter eine Studio-Version des Carl-Perkins-Songs „Honey Don’t“, den früher bei den Beatles Ringo Starr gesungen hat. Die Plattenfirma bezeichnet dieses Deluxe-Teil übrigens als „Sammleredition“.

  • Alle erwähnten CDs bei EMI