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Das ungefragt eingesandte Manuskript eines Unbekannten erweist sich für den Verleger Klaus Bittermann als Glücksgriff: „Harold“ von Einzlkind ist bissig und gut geschrieben. Die Entdeckung eines Autors, der ein großes Geheimnis um seine Identität macht.



Wer auf dem Markt der Bücher noch keinen Namen hat, der hat verloren. In der Regel. Doch der Bittermann-Verlag macht nun die Ausnahme und veröffentlicht das ungefragt eingereichte Manuskript eines Unbekannten, weil es gelesen werden muss. So bissig gut ist „Harold“ geschrieben.

Harold ist ein introvertierter, britischer Wurstfachverkäufer, der eher überlebt als lebt, manchmal wie sein Namensvetter in dem Film „Harold and Maude“ seinen Selbstmord probt, und dann auch noch von der Fleischtheke in die Arbeitslosigkeit entlassen wird. Doch aus dem vorzeitigen Ruhestand wird nichts. Denn schon steht ein elfjähriger Tyrann vor Harolds Wohnung, den ihm eine Nachbarin für eine Woche zur Betreuung aufdrückt. Melvin bezeichnet sich selbst als Genie, da er ein fotografisches Gedächtnis hat. Er ist nervig und neugierig, arrogant und altklug. Und er will mit Harold nicht Mühle spielen, sondern lieber einen LSD-Trip erleben.

Zeit für den Herzinfarkt

So bringt Melvin seinen lebensuntüchtigen Betreuer von einer unmöglichen Lage in die nächste. Und Harold ist sich schon bald sicher, „dass dies ein guter Zeitpunkt wäre, den ersten Herzinfarkt seines Lebens zu bekommen.“

Der Autor zeigt Harolds tiefe Melancholie, ohne die Schwermut auf den Leser zu übertragen. Im Gegenteil. Harolds Leben ist derart absurd, dass es einen Tränen lachen lässt. Ebenso köstlich sind die humoristisch-geschliffenen Dialoge und auch Melvins Monologe, die mit ihrer überheblichen Direktheit provozieren. Dabei lässt der Zwerg kein Milieu aus. Er kritisiert alle, vom Geschäftsführer über den Straßenmusikanten bis zum Gangster. Erneut stürzt sich Harold aus dem Fenster. Im Erdgeschoss.

Über den Autor, der sich das Pseudonym „Einzlkind“ gegeben hat, erfährt man auch am Ende des Buches fast nichts. Wo sich sonst die Autoren mit Lebensweg, Anzahl der Kinder und Veröffentlichungen feiern, steht geschrieben, dass sich Einzlkind eine Kaffeemaschine gekauft habe. „Seine alte war kaputt.“

  • Einzlkind: Harold, Edition Tiamat, 222 Seiten, 16 Euro