Santa Monica.. Als andere schon ihre Karriere hinter sich hatten, gelang Anthony Hopkins erst der Durchbruch: „Das Schweigen der Lämmer“ brachte ihm einen Oscar, die Rolle des Kannibalen Hannibal Lecter sichert ihm einen ewigen Platz in der Liste der Filmbösewichte.
Man findet gewiss Menschen, die hätten einen dicken Kloß im Hals, wenn Sir Anthony Hopkins ihnen eine Einladung zum Geburtstagsessen zukommen ließe. Aber Hopkins ist nun mal nicht Hannibal Lecter – und alle Befürchtungen, höchstpersönlich als Hauptgericht zu enden, sind reichlich übertrieben. Es gibt ja schließlich auch noch raffinierte Rezepte für Vorspeisen und Desserts.
Man mag darüber lamentieren, ob es Fluch oder Segen für einen Schauspieler ist, den größten Filmbösewicht der Geschichte verkörpert zu haben, noch vor Darth Vader und Norman Bates. Doch die 16 Minuten, in denen Anthony Hopkins 1991 in Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ zu sehen war, haben sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Weil Hopkins als Lecter dem Bösen eine ungeahnte, beängstigende intellektuelle und kultivierte Note verlieh – in Verbindung mit seiner Triebhaftigkeit ging sie unter die Haut.
Viele Jahre ein Schauspieler der zweiten Reihe
Am heutigen Silvestertag wird Hopkins 75 Jahre alt, gewiss feiert der Waliser mit Freunden – und ebenso gewiss wird keiner von ihnen dabei zu Schaden kommen. Dennoch markiert die oscargekrönte Rolle des Kannibalen Hannibal („Bereit, wenn Sie es sind!“) einen Wendepunkt im Leben eines Schauspielers, der bis dahin zwar geschätzt war, doch immer mit einem Platz in der zweiten Reihe vorlieb nehmen musste.
Plötzlich durfte Hopkins sich die Filme aussuchen – und ihm gelangen einige Meisterstücke als subtiler Charaktermime. Etwa als Butler James Stevens in „Was vom Tage übrig blieb“ (1993), der derart in der Hingabe zu seinem Beruf aufgeht, dass er nicht fähig ist, seine Gefühle zur Haushälterin Sally (Emma Thompson) zu gestehen – und sie doch unter der Steifheit seines Äußeren hervorblitzen ließ. Männer im Würgegriff gesellschaftlicher Konventionen, darin liegt eine Stärke des Anthony Hopkins.
Als der Durchbruch kam, hatte Hopkins eigentlich schon den großen Ambitionen abgeschlossen. Er war zwar in großen Filmen dabei: „Die Brücke von Arnheim“ (1977), in dem seine Hauptrolle in einem Meer starbesetzter Nebenrollen unterging; Lynchs „Der Elefantenmensch“ (1980), wo er als Psychiater vom entstellten John Hurt in den Hintergrund gedrängt wurde; „Die Bounty“ (1984), in dem er als Captain Bligh einen rebellierenden Mel Gibson natürlich nicht übertrumpfen konnte.
Meist suchte Hopkins seine Rollen nach Bezahlung aus
26 Jahre stand Hopkins vor der Kamera ohne die Anerkennung, die seiner Schauspielkunst da schon hätte zuteil werden können – die Zeit am Theater nicht mitgerechnet. Dort war er für sein ungestümes, damals noch vom Alkohol befeuertes Temperament berühmt, etwa als er 1973 am Londoner National Theatre den Macbeth gab und über den Regisseur dermaßen erzürnt war, dass er von der Bühne rannte und nicht wieder gesehen wurde. Aus dieser Zeit stammt wohl der Satz: „Ich mag Shakespeare nicht, ich hänge lieber in Malibu rum.“
Tatsächlich kann man Hopkins nicht vorwerfen, in der Wahl der Rollen zimperlich zu sein. So spielte er im grauenhaften Animationsfilm „Beowulf“, nahm eine Nebenrolle in „Mission Impossible II“ an und streut immer wieder billige Psychothriller ein. Was heißt: Stimmt das Geld, spielt Hopkins auch in schlechten Filmen mit – aber schlecht sind sie seinetwegen nie.
Hopkins' nächste Rolle ist ein Meisterregisseur
Und zwischendurch, da holt er immer wieder zum großen Schlag aus: Als nächstes werden wir Hopkins, der privat Klavier spielt, komponiert und malt, im kommenden Jahr als „Hitchcock“ an der Seite von Helen Mirren sehen. Seine Ähnlichkeit mit dem Meisterregisseur tendiert zwar gegen Null. Doch dass er mit einer guten Maske und einem beherzten Schnitt seine beste Arbeit abliefert, das haben wir ja bereits bei Hannibal bezeugen dürfen.