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Männer richten sich ihr Leben oft auch ohne Partnerin ganz gut ein und werden nicht zwangsläufig zum Jäger. Sie bleiben so gelassen, weil sie nicht die biologische Uhr kennen, die Frauen oft zu rascher Partnerwahl treibt.
Erik ist ein stiller Typ, eher Zuhörer als Erzähler. Er trägt schmal geschnittene Anzüge, seine Haare hat er aufgestrubbelt, die 48 Jahre sieht man dem Physiotherapeuten nicht an, schon gar nicht, wenn er einen seiner schwarzhumorigen Witze macht, die seine Augen blitzen lassen. Seit einiger Zeit hat sich ein verbitterter Zug in seine Mundwinkel gefräst, gerade wenn man auf seine Ex zu sprechen kommt. Ob er nicht was Neues finden will? „Du“, wehrt er ab, „dafür habe ich zurzeit überhaupt keinen Sinn.“ Er wurde von der großen Liebe verlassen. Das war 2003.
Für Thorsten, das weiß jeder, der ihn kennt, heißt die große Liebe Schalke. Fußball und Arbeit, mehr braucht der 40-Jährige nicht. Er besitzt eine kleine Internet-Firma. Niemand aus seinem Freundeskreis kann sich daran erinnern, dass er schon einmal eine Beziehung hatte, die länger als einen Monat dauerte. Eine Frau an seiner Seite, das fände er manchmal schön. „Aber die muss mich eben so akzeptieren, wie ich bin, da gibt es nichts zu rütteln.“ Sie müsste ihn zu Heimspielen begleiten, einen guten Schluck vertragen, akzeptieren, dass er selten putzt, aber oft nachts im Büro hockt und sich die braunen Locken rauft. Ein Problem hat er nur, wenn er sich versehentlich mal verliebt. Aber das, sagt er, sei Jahre her.
Sympathischer Typ. Finden viele. Vielleicht zu viele
Was Lukas auf den Bildschirm zaubert, sieht stets aus wie hochglanzpoliert. Der Grafiker hat sich selbst ganz gut designt: 1,90 groß, schlank, durchtrainiert, gebräunt, langes, schwarzes Haar, schmales Kinnbärtchen, 32 Jahre alt. Sympathischer Typ. Finden viele. Vielleicht zu viele. „Wenn ich zurzeit in einer Beziehung steckte, würde ich wohl doch nur fremdgehen“, sagt er. Zu viele Frauen findet er attraktiv. Seit es das Internet gibt, hat sich die Zahl unendlich vervielfacht.
Erik, Thorsten und Lukas heißen in Wahrheit anders – aber über ihr Singleleben wollen sie nicht unter dem richtigen Namen reden. Was sollen die Freunde sagen? Oder gar die Frauen, die man noch kennenlernt? Man will sich nicht die Marktchancen verderben. Oder bei der Arbeit schräg angesehen werden. Alle drei haben ihr Leben so eingerichtet, dass sie ohne feste Beziehung zurecht kommen. Ob sie sich binden wollen? So unterschiedlich die drei Lebensentwürfe, der erste Teil der Antwort lautet „Ja“.
Dann würde er nicht mehr „ständig daran erinnert, wie ich verlassen wurde“ (Erik). Müsste nicht mehr „beim Torjubel einen unrasierten Kerl umarmen“ (Thorsten). Nicht „bei der einen schon an die nächste denken“ (Lukas).
Die Antwort auf die Bindungsfrage: „Ja, irgendwann.“
Aber auch das eint sie: Die vollständige Antwort lautet „Ja, irgendwann“. Der Zusatz ist entscheidend, denn bei Männern tickt keine biologische Uhr, sie können mit 80 Jahren Kinder zeugen, theoretisch. Sie müssen nicht an einem Punkt des Lebens entscheiden, ob sie ein Kind wollen – und ob ausgerechnet vom aktuellen Partner.
Frauen achten oft auf Status, Beruf, Einkommen. Was sie sonst attraktiv finden, mal abgesehen von einem Mindestmaß an Gepflegtheit, markantem Kinn oder buschigen Augenbrauen? Er sollte humorvoll sein, ausgeglichen, ein aufmerksamer Zuhörer. Und nicht zu dumm. Um den Zusammenhang von Intelligenz und Attraktivität zu illustrieren, kann man sich Brad Pitt anschauen – als Gentleman-Gangster in „Ocean’s Eleven“ und als tumber Fitnesstrainer in „Burn After Reading“.
Auch die Furcht, durch das Alter an Attraktivität zu verlieren, schreckt Männer weniger. Noch immer neigen Frauen dazu, sich einen älteren Partner zu nehmen: In 17 Prozent der Partnerschaften sind die Frauen älter, in 73 Prozent aber jünger als der Mann.
Bei der Eheschließung ist der Mann im Schnitt drei Jahre älter als die Frau. Aber auch hier wandeln sich die Werte. Während sich die meisten Männer vorstellen können, eine Partnerin zu haben, die bis zu zehn Jahre jünger ist, wäre immerhin jede zweite Frau heute mit einem vier bis sechs Jahre jüngeren Mann einverstanden. Cougars, also ältere Frauen wie Demi Moore, die sich 15 Jahre jüngere Kerle wie Ashton Kutcher schnappen, bleiben rar.
Emanzipation macht langfristige Beziehung für Männer schwerer
Auf die Gefahr hin, sexistisch zu klingen: Auch die Emanzipation macht die Schließung einer langfristigen Beziehung für Männer schwieriger. Frauen verfügen heute über größere finanzielle und gesellschaftliche Freiheit. Das heißt: Um Sex zu haben, kann man als Kerl, auch dank der Pille, heute leichter einen One-Night-Stand ergattern als vor 40 Jahren. Was aber zudem bedeutet: Wenn nach einer Zufallsbekanntschaft ein Kind unterwegs ist, muss man nicht mehr unbedingt heiraten. Ein großer Ehestifter der Vergangenheit hat somit ausgedient.
Auch Ersatz für sexuelle Beziehungen ist heute, so ernüchternd es klingt, leichter verfügbar, durch Internet-Pornografie, Sex-Foren, niedrige Preise für Prostitution. Alles Phänomene, die offiziell nicht gutgeheißen, aber dank gesellschaftlicher Doppelmoral oft gebilligt werden.
Für den Mann spielt das Ansehen, das er als Dauersingle hat, keine so große Rolle mehr. „Meine Eltern haben sich daran gewöhnt, dass ich Junggeselle bin, meine Kumpel auch. Und in meinem Bekanntenkreis sind alle Frauen längst unter der Haube“, sagt Thorsten, der als feier- und kontaktfreudig gilt. Nur spielen Frauen keine große Rolle auf dieser immerwährenden Abiparty. Und um eine fremde Frau einfach so, ohne Grund, anzusprechen, ist er einfach zu schüchtern.
Viele neigen dazu, die Ex auf einen Sockel zu heben
Seine Freunde, sagt Erik, haben ihn schon bei einer Partneragentur im Netz angemeldet. Er hatte zwei Dates. „Das war alles nichts“, sagt er, ohne auf Details einzugehen – zumindest nicht im Vergleich zu der Frau, die ihn verlassen hat. Denn auch das spielt für Männer eine große Rolle: Sie neigen dazu, ihre Ex-Partnerin zu idealisieren, während viele Frauen sich tendenziell eher vom Ex distanzieren.
Selbst Lukas stimmt zu: „Wenn wir länger zusammen waren, wurde mir die Frau oft gleichgültig. Sobald es aus war, erschien sie mir wie eine Göttin.“ Diesen Effekt hat der 32-Jährige heute nicht mehr zu beklagen, dank Partnersuche im Netz. Eine Zahl nennen, mit wie vielen Frauen er sich im vergangenen Jahr getroffen hat, mag er nicht. Auch nicht, mit wie vielen er die Nacht verbrachte. „Aber meine Quote ist nicht allzu schlecht“, sagt er und lächelt fast verlegen. Er hat genau analysiert, was bei Frauen ankommt – und orientiert sich daran. Wie viel sie vom echten, unverstellten Lukas zu sehen bekommen? „Genug“, sagt er. Ob er nicht das Gefühl hat, dass seine Fließband-Mentalität dazu führt, dass er Menschen als austauschbar betrachte? „Ach“, sagt er, „wenn die Eine, die Richtige, kommt, die nie langweilig wird, werde ich’s schon merken.“