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Arne Birkenstock könnte sicher auch einen Film über einen brutalen Bankräuber drehen und man fände ihn nett, den Bankräuber. Und dem Bilder-Rock’n-Roll von Kameramann Marcus Winterbauer sind wir schon bei „Rhythm Is It“ und „Sound of Heimat“ erlegen. Bei Wolfgang Beltracchi, dem Jahrhundert-Kunstfälscher“, hatten es die beiden vielleicht gar zu leicht: Die Ressentiments gegen die moderne Kunst als Kaiser ohne Kleider sind tief verankert, zudem ist der Mann, der 2011 wegen Kunstfälscherei en gros zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, ein freundlicher, irgendwie netter Alt-Hippie, der schön malten kann. Millionen hat er mit falschen Meisterwerken ergaunert und sie so ausgegeben, wie man das auch gern täte: für Villa, Garten, Swimmingpool und ein harmonisches Familien-Landleben im Süden. Und für neue Farben.
Seine französischen Nachbarn mögen ihn für einen begabten Filou halten, nicht für einen Kriminellen; er selbst aber bereut seine Taten (oder zumindest doch den Fehler aus Faulheit, der ihn auffliegen ließ), und er würde es auch niemals wieder tun, der Beltracchi. Schon deshalb, weil sonst sein offener Vollzug gestrichen würde. Und weil da schließlich noch enorme Schulden abzutragen sind und noch über 200 Beltracchis unter den Namen von Meistern der klassischen Moderne im Umlauf sein dürften: in Museen, Galerien, Privaträumen hängen, gemalt von einem Betrüger, vertrieben von einem Kunstmarkt, der weit verrückter scheint als Beltracchis Geschäftsmodell:
Das war nicht das Kopieren, sondern das durchkalkulierte Anfertigen von Werken, die in die „Schaffenslücken“ diverser Großmaler passen. Das waren Bilder, die die Meister in Thema und Manier durchaus gemalt haben könnten, als authentisch ausgewiesen durch alte Leinwände, die (erfundene) Sammlung des toten Opas seiner Frau, unbezweifelt von allen, die hätten skeptisch sein können, müssen.
Doch in diesem Paralleluniversum Kreisen die Millionen. Und darin leben, so lehrt es der – übrigens vom Sohn des Beltracchi-Verteidigers gedrehte – Film, alle von der Täuschung: der Fälscher, der hungrige Markt, der nach Ware giert, der für seine Echtheitsexpertise fürstlich entlohnte Gutachter, das Auktionshaus und der Käufer, so lange er das Fake weiter verkaufen kann oder vom Bluff nichts weiß. Und selbst wenn: Dann ersetzt er eben, wenn er erst entschädigt wurde, den falschen Campendonck durch einen echten Magritte. Auch schön. Teuer. Die Fälschung der Kunst.
Wolfgang Beltracchi verachtet dieses Universum und schätzt es zugleich, weil es ihm die Fliegen gebiert, die ihm auf den Leim gehen. Er lebt und malt halt gern. Und er liebt die Farben. Womöglich liebt er sogar die Bilder. Nur die Künstler liebt er nicht. Das mag eine Sünde sein, ist aber nicht strafbar. Zu einer Straftat wird das Malen „a la“ erst, wenn der Fälscher “Max Ernst“ oder „Heinrich Campendonck“ darunter setzt. Wie leicht das von der Hand geht, zeigt der Film wie einen simplen Kartentrick. Und siehe, das Bild hat sich nicht verändert, nur der Preis; auch sah man keine Aura davonfliegen, nur Illusionen.
Beltracchi, gelehriger Sohn eines braven Kirchenmalers, ist stolz auf seine Arbeit, sein Handwerk, seine Schlitzohrigkeit. Von der Idee des Originalgenies, vom Weihestatus des Schöpfer-Künstlers hält er nichts. Ja, selbstverständlich könne, könnte er auch Michelangelos und Leonardos malen, warum nicht. Vielleicht sogar besser. Das sei gar nicht so schwer, sagt er klingt dabei wie Hobbymaler klingen, die sich erfolgreich im „Malen nach Zahlen“ üben und nun fälschlicherweise für Künstler halten.
Zum Schluss des Films können wir einen Blick auf einen „echten“ Beltracchi werfen – und schauen gerne schnell wieder auf die falschen. Dabei hat doch seine geliebte Frau und Komplizin Helene (fünf Jahre Haft) einen schwer wiegenden Verdacht geäußert: „Man kann ja vielleicht auch kreativ sein, indem man die Gesetze einhält.“ Diese Kreativität aber reicht für clevere Parodien und grandiose Mimikry. Und natürlich für eine geschickt beworbene Autobiografie und die Heldenrolle in einem fragwürdigen, wenn auch sympathischen und kurzweiligen Dokumentarfilm: „Beltracchi – Die Kunst der Fälschung“.