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Fünf Menschen starben während eines Unwetters beim Pukkelpop-Festival in Belgien. Fünf weitere starben zuvor durch einen Bühneneinsturz in den USA. Ausgerechnet jetzt starten das „Zeltfestival Ruhr“ in Bochum und das „Area 4“ in Lüdinghausen. Wie sicher sind Festivals? Die Veranstalter betonen: Gegen Naturgewalten hilft kein Sicherheitskonzept.

Wie sicher sind Festivals bei schweren Unwettern? Die Stimmung bei den Organisatoren der heute startenden Open-Air-Festivals „Area4“ in Lüdinghausen und beim „Zeltfestival Ruhr“ am Kemnader See dürften angespannt sein. Die Bilder vom Donnerstagabend aus Belgien sind noch in den Köpfen. Während eines Unwetters beim Pukkelpop-Festival starben fünf Menschen. Sound-Anlagen schleuderten umher, ganze Bühnen krachten zusammen. Das Unwetter hinterließ ein schlammiges Chaos voller Sprachlosigkeit und Tränen. Wenige Tage zuvor starben bei einem Countrykonzert in den USA fünf Menschen. Auch hier stürzte eine Bühne ein - aufgrund starker Windböen.

Wie kann man Naturgewalten als Festivalveranstalter kontrollieren? Folkert Koopmans, Geschäftsführer der Konzertagentur FKP Scorpio, ist für das Freitag startenden „Area4“ bei Lüdinghausen zuständig und sagt: „Bei Unwettern und Naturgewalten gibt es bei Festivals immer ein Restrisiko. Das ist nicht zu verhindern.“ Koopmans ist vom Chaos beim Pukkelpop-Festival in Belgien völlig überrascht. „Hinter dem Festival steht ein extrem professioneller Veranstalter - keine Amateure wie bei der Loveparade in Duisburg.“ Das Wetter in Belgien müsse daher „die Hölle“ gewesen sein, denn Pukkelpop sei bekannt als „eine der best organisiertesten Veranstaltungen“, so Koopmans gegenüber DerWesten. „Die besten Bühnen kommen von einem Hersteller aus Belgien.“ Auch beim Area4 in der Nähe von Lüdinghausen ist ein Teil der Bühnen vom gleichen Hersteller Stageco.

Im Notfall werden SMS verschickt

Beim „Area4“ arbeiten die Sicherheitskräfte mit einem Live-Ticker vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Bei entsprechenden Warnungen würde das Bühnenprogramm sofort beendet, sagt Koopmans. Die Besucher würden zudem durch Lautsprecherdurchsagen informiert. Und wenn der Strom ausfällt und somit auch die Lautsprecher? „Wir haben von fast allen Besuchern durch die Ticket-Reservierung die Mobilnummern und können eine Sammel-SMS an einen Festival-Verteiler verschicken. Außerdem können wir über Facebook informieren. In der Panik schauen viele Besucher als erstes auf ihr Handy“, erläutert Koopmans. Sobald es für Lüdinghausen und Umgebung Unwetterwarnungen gebe oder der Wind heftig wehe, würden Videoschirme abgebaut oder Zäune als zusätzliche Fluchtwege geöffnet. Mehrere Quadratmeter große Schilder würden auf Fluchtwege hinweisen.

Wegen eines schweren Unwetters beendeten die Veranstalter des Zeltfestival Ruhr die „Pre Opening Party“ vorzeitig. (Foto: Andreas Molatta/WAZ FotoPool)
Wegen eines schweren Unwetters beendeten die Veranstalter des Zeltfestival Ruhr die „Pre Opening Party“ vorzeitig. (Foto: Andreas Molatta/WAZ FotoPool) © Ingo Otto / WAZ FotoPool | Ingo Otto / WAZ FotoPool

Der starke Sturm fegte am Donnerstagabend auch über das Zeltfestival Ruhr (19.08. bis 4.09) am Kemnader See in Bochum. Ein inoffizieller Eröffnungsabend mit Sponsoren und Vertretern der Städte Bochum und Witten musste gestoppt werden - bevor überhaupt alle Gäste da waren. „Die Sicherheit und Fürsorgepflicht geht immer vor“, sagte eine Festival-Sprecherin im Gespräch mit DerWesten. Trotz heftiger Windböen blieben alle Zelte stehen . „Es flog nur eine Tischdecke. Und das ist wirklich keine Untertreibung“, so die Sprecherin.

„Zeltwächter“ ist unterwegs

Notfallpläne seien im Vorfeld monatelang beraten worden und müsste jetzt durch die Ereignisse in Belgien nicht über den Haufen geschmissen werden. Ein sogenannter „Zeltwächter“, ein erfahrener Experte, habe die Zelte jederzeit im Blick, betont der Geschäftsführer der zuständigen Eventagentur ZFR, Heri Peipöhler. Wenn sich an einer Stelle zum Beispiel Regenwasser auf den Dachplanen sammeln würde, würde dieser „Wächter" es direkt bemerken. Auf das etwa 20.000 Quadratmeter große Gelände kamen im vergangenen Jahr rund 40.000 Menschen – aber nie zeitgleich, sondern verteilt über mehr als zwei Wochen. Neben Musik- und Comedy präsentieren sich dort auch Kunsthandwerker, Händler und Designer den Besuchern.

Das Unglück mit fünf Toten beim Open-Air-Festival in Belgien, hat auch Marek Lieberberg, Chef der Konzertagentur MLK, tief bewegt. Lieberberg ist seit etlichen Jahren im Konzertgeschäft tätig und verantwortlich für die großen Festivals „Rock am Ring“ und „Rock im Park“. „Dem Veranstalter von Pukkelpop sind keine Vorwürfe zu machen. Es hat sich hier eine Naturkatastrophe entfaltet, die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Es gibt Naturkräfte, die sind größer und stärker als alle durchzuführenden Sicherheitsmaßnahmen“, sagte Lieberberg auf Anfrage von DerWesten. In Belgien hätten die Sicherheitskräfte „alles Menschenmögliche getan“. Man dürfe nun auch nicht Festivals allgemein kritisch in Frage stellen. „Selbst in Fußballstadien ist es bei einem solchen ,Armageddon’ möglich, dass das Dach weggerissen wird.“

Lieberberg: „Es gibt keine Parallele zwischen Pukkelpop und Duisburg“

Konzertveranstalter Marek Lieberberg („Rock am Ring“). (Foto: dapd)
Konzertveranstalter Marek Lieberberg („Rock am Ring“). (Foto: dapd) © ddp | ddp

Lieberberg wundert sich über die vielen Fahnenstangen auf dem Festivalgelände in Belgien. Ob die durch Windböen umgefallen seien, wisse er nicht, aber: „Dieser Fahnenwald hätte nicht sein müssen.“ Abgesehen von diesem Detail nimmt Lieberberg den Pukkelpop-Veranstalter aber in Schutz. „Wenn jetzt schon wieder irgendwo Parallelen mit der Loveparade in Duisburg gezogen werden, ist das völlig abwegig. Der Veranstalter Chokri Mahassine ist ein ganz seriöser Mann. Ich kenne ihn. Er ist kein Veranstalter à la Duisburg.“ Mahassine sei nicht „ahnungslos in ein Desaster geschlittert“.