Mülheim.. Was passiert, wenn das Lustigsein gar nicht mehr so lustig ist? Helge Schneider meldet sich nach mehrwöchiger Tourneepause zurück. Ein Gespräch übers Älterwerden und Kürzertreten.

Was passiert, wenn ein Komiker in die Krise gerät, wenn Lustigsein gar nicht mehr so lustig ist? Auch Künstler werden mal krank. Nach zwei Monaten Pause meldet sich Helge Schneider jetzt gesund zurück. „Buxe voll“: 45 Konzerte stehen in den nächsten drei Monaten an. Mit dem Entertainer sprach Margitta Ulbricht.

Sie berichten von einer verschleppten Grippe, 40 Auftritten in Folge, heißen Tagen und zu „voller Plautze“. Medien vermuteten „Burnout“ oder eine ernste Krankheit. Zweimal mussten Sie die Tour unterbrechen. Was ist das für ein Gefühl, wenn man plötzlich nicht mehr kann?

Helge Schneider: Ich hatte ein bisschen Angst gekriegt, weil Kollegen von mir gestorben sind und Schlaganfall hatten – alles in diesem Jahr. Und da habe ich gedacht, mh, merkwürdig, haben die sich auch überarbeitet? Dann denkt man ein bisschen nach. Dann bin ich erstmal zum Arzt gegangen und hab’ mich durchchecken lassen, aber war nix. War definitiv ein Kreislaufproblem, was schon mal auftauchen kann, wenn man auf Tournee ist und zu viel frisst.

Sie werden Ende August 56 Jahre. Spüren Sie das Alter?

Schneider: Das hat mit dem Alter nix zu tun. Ich hatte vor 20 Jahren schon mal dasselbe. Da war ich auch auf Tournee und hatte zu viel Cholesterin gehabt. Das kommt, wenn man soviel Fleisch und so was isst.

"Ich finde, dass man im Alter sogar lustiger sein kann"

Passt Älterwerden insgesamt zum Komikerdasein?

Schneider: Find’ ich schon, gehört ja zum Leben. Also, ich werd’ gerne alt. So alt bin ich ja nun auch wieder nicht. Aber ich bin immerhin in einem Alter, wo andere Leute schon gegangen sind. Ich finde, dass man im Alter sogar lustiger sein kann. Da sieht man vieles nicht mehr so ernst wie in der Jugend.

Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?

Schneider: Ich kann mir gar nicht leisten, älter zu werden. Ich habe ja kleine Kinder. Der Kleinste ist erst anderthalb Jahre alt. Da wirst du nicht älter. Da denkst du zwar manchmal, boah, was tut der Rücken weh. Aber das geht auch wieder weg.

Es gibt ja Krankheiten wie Depressionen, die sind in manchen Branchen ein großes Tabu. Ich denke an den Sport. Wie ist es in Ihrem Metier?

Schneider: Bei mir nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die wirklich depressiv sind und trotzdem ihre Komik machen. Da gibt’s ja Beispiele in der Geschichte, jede Menge. Das kommt aber immer drauf an, wie man seinen Werdegang macht. Wie so etwas überhaupt kommt, dass man berühmt wird. Wenn einer über Nacht berühmt wird und weiß gar nicht, warum.

Laut Belastungstest könnte ich noch an der Tour de France teilnehmen

Wie war das bei Ihnen?

Schneider: Ich hab’ doch schon mit 14 Jahren Klavier gespielt vor Leuten. Ich hab’ doch erstmal so lange meine Auftritte gemacht, bevor ich dann aus Versehen mit Katzeklo ein noch größeres Publikum kriegte. Und Texas, der Film, das war ja mehr oder weniger ein Zufallsding. Das ist ja auch Glückssache. Das macht mich aber auch froh. Da kann ich doch viel ausgeglichener mit leben.

Gibt es Konsequenzen aus der Überlastung?

Schneider: Ich könnte nicht mehr in die Disco gehen bis morgens um vier. Aber ich kann dafür morgens früher aufstehen. Und soviel mach’ ich ja gar nicht. Die Konzerte sind ja nicht das, was so anstrengend sind. Die Fahrerei und das Drumherum sind manchmal anstrengend. Du bist ja dann 24 Stunden unterwegs. Da gibt’s Hotels, da kannst du nicht schlafen. Diese Befindlichkeiten gibt’s aber bei jedem Künstler.

Aber die Kondition lässt mit den Jahren schon nach.

Schneider: Ich finde überhaupt nicht, dass die Kondition nachlässt. Ich hab’ ja auch so Belastungstests gemacht. Alle fünf bis zehn Jahre setze ich mich auf so’n Fahrrad – danach könnte ich schon noch an der Tour de France teilnehmen.

Also nicht kürzer treten?

Schneider: Ich werde auf der Bühne vielleicht das Stück, das so unheimlich schnell auf dem Vibraphon ist, ein Häppchen langsamer spielen. Aber kürzer treten hört sich für mich unheimlich negativ an. Dass man sagt: Ich trete jetzt nur noch zehn Mal im Jahr auf. Das ist aber nicht so. Die Zeit ist ja noch nicht gekommen. Guck mal, ich bin doch nicht im Rentenalter. Wenn man jetzt wie ich 40 Konzerte in drei Monaten hat, dann hast’e in 90 Tagen 40 Tage Arbeit. Ich mein’ das muss ja nicht zu viel sein.