Essen. Mark Knopfler geht demnächst wieder auf Tour. Im Gepäck hat er jede Menge Hits - und sein aktuelles Album "Get Lucky". Jürgen Overkott sprach mit der lebenden Rock-Legende über Glück, Zocken und Tennisschläger.

Du hast alles erreicht, was Du erreichen wolltest. Ist es nicht langweilig geworden, ins Studio zu gehen, um eine neue Platte aufzunehmen, und dann noch auf Tournee?

Mark Knopfler: Nee, überhaupt nicht. Für mich ist es das Schönste, was es gibt: neue Lieder zu schreiben. Ich habe jetzt ein neues Studio mit allermodernster Technik. Ich bin gerne da. Nein, Musik ist mein Leben.

Du gehörst zu den Musikern mit den größten Umsätzen überhaupt. Hast Du manchmal Lust, ein Geld-Bad zu nehmen wie Onkel Dagobert?

Mark Knopfler: (lacht) Was, Onkel Dagobert? Nein, nein, Geld bedeutet mir überhaupt nichts.

Also nicht "Money For Nothing", sondern eher "Nothing For Money".

Mark Knopfler: Nein, ernsthaft. Geld spielt natürlich schon eine Rolle, aber nur als Mittel, um Ziele zu erreichen, die mich wirklich interessieren - zum Beispiel eine tolle Gitarre zu kaufen.

Sammelst Du Gitarren?

Mark Knopfler: Oh ja. Ich glaube, ich habe an die 80 Gitarren.

Hast Du eine Lieblingsgitarre?

Mark Knopfler: Ja, die von Monteleone, John Monteleone.

Eine Spezialanfertigung?

Mark Knopfler: Ja, die hat er extra für mich gemacht. Die Gitarre finde ich derart toll, dass ihm, John Monteleone, sogar ein Lied gewidmet habe auf dem neuen Album.

Dein neuestes Album heißt "Get Lucky". Bist Du glücklich?

Mark Knopfler: (im Brustton der Überzeugung) Ja. (Pause) Ja, ich bin wirklich ein Glückspilz. Und Du?

Ich habe einen Beruf, den ich immer ausüben wollte.

Mark Knopfler: Und das ist Dein Leben?

Genauso ist es.

Mark Knopfler: Es ist fantastisch, genau das machen zu können, was man am besten kann.

Das Cover-Foto zeigt den Eingang eines Casinos. Bist Du ein Zocker?

Mark Knopfler: Nee, mit Spielen kann ich überhaupt nichts anfangen.

Nicht mal mit Karten?

Mark Knopfler: Na gut, ja, beim Pokern sehe ich gerne mal zu. Aber ich betonen: Ich sehe zu, ich spiele es nicht. Findest Du das nicht auch ziemlich langweilig?

Na, damit kann man bestenfalls die Zeit tot schlagen.

Mark Knopfler in der Arena Oberhausen. Foto. Rottmann
Mark Knopfler in der Arena Oberhausen. Foto. Rottmann © WR | WR

Mark Knopfler: Es gibt so viele andere Dinge, die man in dieser Zeit tun kann. Ich bitte Dich: Poker. Das ist ein Ding, das Dich überhaupt nicht fordert. Da passiert doch im Kopf gar nichts.

Pokern scheint aber, wenn ich an die Wirtschaftskrise denke, eine beliebte Form zu sein, Unternehmen zu führen, vor allem Banken. Muss man als Unternehmer heute ein Zocker sein?

Mark Knopfler: Ich glaube, in mancher Hinsicht ist das so. Aber es sollte nicht so sein. Mit der unternehmerischen Freiheit wird Missbrauch getrieben. Das ist das Schlimme an der jetzigen Situation.

Wie können wir unsere Wirtschaft reparieren?

Mark Knopfler: Also, ich sage ganz deutlich: Wir brauchen mehr öffentliche Kontrolle, mehr Aufsicht über die Wirtschaft. Vor einiger Zeit sind die Spielregeln, die Auflagen für die Wirtschaft gelockert worden, und genau das macht uns heute Probleme.

Lass uns mal von Banknoten zu Gitarrennoten gehen. Auf Deiner neuen Scheibe schlägst Du keltische Töne an. Wie stark sind Deine schottischen Wurzeln?

Mark Knopfler: Na ja, ich bin in Glasgow geboren, und schottische Folk-Songs war das erste Zeug, was ich als Kind gehört habe. Es war also nicht schwer für mich, diese Erinnerungen wieder hervor zu kramen. Aber ich habe meine eigene Version dieser Songs gemacht. Ich wollte einfach Neues schöpfen.

Du hast einen deutschen Nachnamen, und oft heißt es, die Briten mögen Deutsches nicht übermäßig. Hattest Du je Probleme wegen Deines Nachnamens?

Mark Knopfler: ...bestenfalls mit der Aussprache. Es gibt da viele Möglichkeiten, meinen Namen falsch auszusprechen. Aber ich komme damit zurecht.

"Meine erste Gitarre war ein Tennisschläger"

Unsere Welt verändert sich so schnell wie nie zuvor. Wie wichtig sind da Traditionen?

Mark Knopfler: Na, gegen den technologischen Fortschritt habe ich nichts. Ich habe ja ganz offensichtlich einen Beruf gefunden, der krisensicher ist. Umgekehrt versuche ich, das Modernste vom Modernen zu kaufen, wenn ich an mein Studio denke. Ich versuche aber, das Beste vom Neuen mit dem Besten vom Alten zu verbinden.

Veränderungen sehen wir auch in der Musikindustrie. LP und CD waren gestern. Heute sind Computer-Programme wie "Guitar Hero" angesagt. Hat das Zukunft?

Mark Knopfler: Na, die Zukunft im eigentlichen Sinn sicher nicht. Aber: Ich sehe auch was Gutes in derartigen Programmen. Für Kinder bedeuten sie, dass sie schon mal so etwas Ähnliches wie eine Gitarre in der Hand haben. Es vermittelt ihnen ein Grundgefühl für Musik. Weißt Du, wie ich anfangen habe? Ich habe einen Tennisschläger wie eine Gitarre gehalten. Tennis spiele ich übrigens heute noch gern.