Dortmund..
Man muss ja nicht jeder Mode folgen. Doch manchmal bringt ein wenig Mut sehr viel. Tipps von der Typberaterin am Beispiel eines Einkaufsmuffels. Vorher: netter Kerl. Nachher: cooler Typ.
Kennen Sie den? Ausgebeulte Jeans, Pulli, Polohemd. Blonde Stoppeln, blasse Haut, randlose Brille. Nett. Normal. „Männer“, sagt Juliane Gareis, „sind Wesen, die sich gut finden, wie sie sind. Die wissen gar nicht, was sie falsch machen.“ Sie ahnen ja nicht einmal, dass. . . Deshalb hat sich die Typberaterin diesen Typ(en) mal vorgenommen: „Für den Fall, dass du bei den Frauen nicht so ankommst, wie du willst. Oder nicht bei den Frauen, die du willst.“
Marc, 29, Single. Kaufmann aus Dortmund, derzeit Student der Betriebswirtschaft. Mit einem Fernseher, so breit wie sein Bett, und einem Kleiderschrank, der nur ganze vier Fächer für Kleider hat und einen für Aktenhüllen. In dem die Pullover auf Bügeln hängen und auf links. „Ich lebe von dem, was da ist“, sagt Marc. Sogar von weniger: Die zehn Anzüge zieht er schon lange nicht mehr an, „aber man schmeißt ja nichts weg“.
Männer sind so. Juliane Gareis weiß das, aus vielen Jahren Berufserfahrung in der Mode-Branche. „Männer sind Bedarfskäufer“, selten Menschen, die aus Lust shoppen. Und die wenigsten kommen dabei auf die Idee, dass sie Rat gebrauchen könnten. Die gelernte Modedesignerin kennt diese Exemplare, die zur ersten Verabredung mit einer Antik-Lederjacke kommen. „Weil die ,zu ihnen gehört’. Nur war die in den 80ern modern und schon damals nicht schön.“ Gutes von gestern muss der Frau von heute nicht gefallen.
Ein bisschen Verjüngung wäre gut
Also fliegt das französisch-gestreifte Hemd jetzt raus. Schon mal ein Modemagazin gelesen? „Nö.“ Was Marc „eher konservativ“ nennt, erinnert Juliane „an deinen Vater“. Resolut, aber fröhlich blättert sie durch die Bügel: „Ein bisschen Verjüngung wär’ nicht schlecht für einen in deinem Alter.“ Andererseits, wo Marc stets so rosig aussieht mit seinem verschmitzten Lächeln aus Kindertagen: „Alles, was wie Milchbubi aussieht, verbannen!“ Der 29-Jährige sieht nicht einmal aus, als ob es noch weh tut, als er den babyblauen Pulli von der Stange zerrt. Eher: entschlossen.
Der erste Eindruck zählt
„Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck“, lautet das Credo der Stil-Beraterin. Nur, „wenn es kein zweites Date gibt, wundert sich der Mann“. Vielleicht hakt er die Dame dann ab unter „Die hat’s eh nicht gebracht“. Es könnte aber auch an seiner Außenwirkung liegen. Marc sagt, Männer sind eitel. „Wer das Gegenteil behauptet, ist ein großer Lügner.“ Er braucht für gewöhnlich länger im Bad als Frauen, aber dann ist sein Haarspray alle (wie vorher schon der Kaffee), und das ist schlecht: Denn, Geheimratsecken hin und oder her, „du bist ja jung“, die Haare gehören nach vorn! Und das nächste Mal beim Friseur, mahnt Juliane: „Ein bisschen jüngeres Image auf deinen Kopf!“
Vor den Kopf auch: Frau „Styling Coach“ hat Brillen mitgebracht, dicke, dunkle Gegenstücke zu Blass und Blond. „Das geht aber gar nicht“, klagt Marc, wie Harry Potter sehe er aus, „noch schlimmer: wie ein Nerd!“ Ein Streber. Dabei soll die Brille Kontrast und Akzent sein, den Typ unterstreichen, ihn maskuliner machen. „Damit du nicht so frisch geschlüpft daher kommst.“ Und um das vorauszuschicken: Marc hat eine noch am selben Tag bestellt.
Zeigen, was möglich ist
Aus den gleichen Gründen zeigt die Farbskala auf „kalt“; das Goldlätzchen als schlechtes Beispiel für warme Töne „unterstützt das Rosige noch“. Winterfarben soll Marc demnach tragen, dunkles Blau, Grau, Grün, was ihn sichtlich erleichtert: „Rot ist raus.“ Juliane Gareis hat sich das bereits gedacht und vorgearbeitet: Bei „Theo“ in der Thier-Galerie hängt der „neue“ Marc schon auf der Stange. Outfits vom Scheitel bis zur Sohle, von der Mütze bis zum Stiefel. Allerdings zeigt sich das Model widerspenstig: „Mütze geht nicht bei meiner Bums-Birne.“ Nun: stimmt.
In der Umkleide ist es auffallend still, Juliane wartet. Bis sich der Kabinen-Vorhang hebt, „Theos“ Techno-Musik wummert einen Trommelwirbel. Automatisch steht Mr. Marc etwas breitbeinig. Cool. Verwaschene Jeans, offene Boots, lässiges T-Shirt, Lederjacke, Schal. Letzterer macht breite Schultern, etwas tiefer zeigt sich, Verzeihung, auf einmal ein Arsch in der Hose.
Vorher: Marc. Nachher: Mann. Vorher: netter Kerl. Nachher: Typ!
Juliane fällt vor ihm auf die Knie, aber nur, um ihm die Schuhe zu binden. „Hätte ich noch selbst gekonnt“, murrt Marc. Aber all das andere nicht: wühlen, Größen suchen, kombinieren! „Allein das In-die-Stadt-Fahren finde ich schon anstrengend.“ Mit seiner Einkaufshilfe muss er nur noch anziehen. Warm wird ihm dabei auch. Uni-Klamotten, Freizeit-Anzug, Winter-Kombi „für den Spaziergang an der Ruhr“. Und dann dieser glänzende Disco-Look, „zum Auffallen“, sagt die Expertin, womit sie Recht hat und – bewusst zu weit geht.
Ein Beinkleid wie eine Haremshose
„Dass die Hose zu lang ist, egal“, sagt Marc missmutig. „Die sitzt eh nicht.“ Er greift sich in den Schritt und muss sich dafür bücken: Dieses Beinkleid ist das, was man bei Damen Haremshose nennt. „Als hätte man da rein gemacht.“ Aber er muss sie natürlich nicht nehmen. „Ich will dich nicht verkleiden“, erklärt die Stilberaterin. „Nur zeigen, was möglich wäre, wenn du Bock drauf hast.“ Anregungen sollen es sein, mutiger zu werden. „Dass er sieht, was geht.“
Und es geht viel. Nur Mütze geht nicht. Und, leider, Schal: „Ich bin nicht so der Accessoire-Typ.“ Ob man nicht besser eine Krawatte. . .? „Zum T-Shirt???“ Ach, Männer. Man kann sie nicht ändern, aber vielleicht verändern. Denn dieser hier, immerhin, meldet am Ende des Tages „Erkenntnisse“: „Man muss sich mehr trauen.“ Vorerst sieht er da wieder aus wie sonst: Jeans, Pulli, Polohemd. „Wenn man immer dasselbe hat, fällt einem das ja nicht mehr auf.“