Dorsten. Frank Rosin aus Dorsten hat ein Buch über seinen Weg von der Pommesbude zum Sternerestaurant geschrieben. Nun verrät er, wer ihn geformt hat.
Zwei Sterne hat Frank Rosin für die Kochkunst in seinem Restaurant in Dorsten eingeheimst. Viele Menschen lassen sich auch seine Auftritte im Fernsehen schmecken, wenn er etwa bei „Rosins Restaurants“ angeschlagenen Gastronomen in die Töpfe schaut oder in der „Heldenküche“ zum Wettstreit um einen Ausbildungsplatz als Koch oder Köchin einlädt. Ein Gespräch mit dem 55-Jährigen über sein neues Buch, in dem er seinen kulinarischen Werdegang schildert: „Ehrlich wie ‘ne Currywurst – Mein Weg von der Pommesbude ins Sternerestaurant“.
Ich habe Ihr Buch gerne gelesen, bei dem Vorwort dachte ich: Was für ein bescheidener Mann! Aber ich kenne Sie ja auch ein bisschen aus dem Fernsehen und da ist Ihre Methode eher: klotzen statt kleckern. Welcher Eindruck ist richtig?
Frank Rosin: Na, Sie gehen aber direkt aufs Ganze. Das klingt fast wie Luise Koschinsky, die sagt: ,Den kenne ich aus dem Fernsehen.’ Und die denkt, sie hat dadurch auch einen Einblick in meine Persönlichkeit.
Dann sind Sie im Fernsehen anders als im normalen Leben?
Ich bin eigentlich ein ruhiger, besonnener, aufgeräumter und reflektierter Mensch. Ich habe drei Kinder. Meine
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Unternehmensgruppe mit zehn Firmen habe ich mir selbst aufgebaut und ich habe das Werkzeug, um in diesem Leben mit meinem Team und mit Menschen um mich herum sehr gut klarzukommen.
Also spielen Sie im Fernsehen doch eine Rolle? In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie in den Sendungen echt und authentisch sind.
Ich spiele keine Rolle. Es ist die Reaktion auf diese erschreckenden Gegebenheiten. Dass ich immer wieder denke: Es kann doch nicht wahr sein! Das ist natürlich authentisch, aber das bin nicht ich, sondern die Situation, das Unverständnis. Wer nicht lesen kann, sollte sich kein Buch kaufen.
In Ihrem Buch prangern Sie an, dass im Grunde jeder Gastronom werden kann, gleichgültig ob er einen Schneebesen vom Kartoffelstampfer unterscheiden kann?
Es kann nicht sein, dass so eine große Branche führungs- und fachorientierungslos ist. Es kann nicht sein, dass ein Küchenchef ein Team führt und nicht lernt, ein Team zu führen. Und die Verbände unterstützen das auch noch. Das sind aber mittelständische Unternehmen, das Ganze muss aus einer anderen fachlichen Perspektive betrachtet werden. Viele Restaurants bekommen keine Mitarbeiter, weil sie nicht das Führungspotenzial haben, Mitarbeiter zu motivieren. Sie wissen nicht, welche Werkzeuge man braucht, um jemandem ein gutes Gefühl zu geben, morgens aufzustehen und Lust zu haben zu arbeiten. All das gab es früher noch nicht. Da wurde nur gesagt: ,Halt’s Maul, arbeite und Überstunden sind normal.’
So haben Sie es ja auch erlebt. Nicht sehr motivierend. . . Ihr Buch ist eine Aneinanderreihung von Pannen. Wie Sie sich in der Ausbildung die Füße an der ausgelaufenen Suppe verbrannt haben, die versemmelte Hochzeitsfeier und dann stand auch noch Alfons Schuhbecks Hose in Ihrer Küche in Flammen. Ich habe mich gefragt: Wie steht man nach solchen Rückschlägen jedes Mal wieder auf?
Ich glaube, dass man das nicht so sehen darf. Das Wichtigste, das ich im Leben gelernt habe, ist Reflexion. Wenn nur ein Fitzelchen auf dem Teller übriggeblieben ist, habe ich mir Gedanken mit meinem Team gemacht: Warum? Letztlich haben sie aber mit einem Restaurant jeden Tag die Chance, aufzuschließen und zu sagen: Heute anders und neu.
Andere würden an sich zweifeln: Ich kann es gar nicht, ich mache zu. Und Sie haben trotzdem immer weiter gemacht. Können Sie es sich erklären?
Aufgeben war für mich nie eine Alternative.
Woher haben Sie das? Von der Mama?
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Ja, von der Mutter. Sie hat mich immer unterstützt und mir in schwierigen Momenten den Rücken gestärkt.
Ich finde es interessant, wie jemand geformt wird, wie jemand zu dem Menschen wird, der er ist. Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie Sie mit Ihrem Vater gerungen haben.
Mein Vater ist dieses Jahr gestorben. Es bewegt mich sehr, mit ihm nie einig gewesen zu sein. Dass wir nie zusammen gesessen und gesagt haben: ,So, jetzt haben wir uns verstanden.’ Das ist traurig.
Trotzdem hat er Sie auf den harschen Ton in vielen Küchen vorbereitet?
Es hat sicherlich dazu beigetragen, dass ich jetzt bin, wie ich bin, aber glauben Sie mir, dass das natürlich auch eine Geißel sein kann. Das ist so, als wären sie schuldlos im Gefängnis und sagten: ,Ich weiß jetzt, was Härte ist.’ Trotzdem würde man nicht behaupten, dass ein Gefängnisaufenthalt für die eigene Zukunft zwingend gut war.
Sie haben den Mut, in Ihren Sendungen Dinge anzusprechen – das sind ja auch schon mal verbale Schläge in die Magengrube.
Es sind keine Schläge in die Magengrube. Wenn einer Mist baut, muss man ihm sagen, dass er Mist baut. Wenn einer fachlich ungebildet ist, muss man ihn mit der Wahrheit konfrontieren. Glauben Sie mir, viele Situationen werden gar nicht gesendet. Wir wollen den Menschen ja helfen und sie nicht diffamieren.
Sie selbst sind weit gekommen, aber geografisch betrachtet sind Sie – bis auf kleine Ausflüge – nicht viel rumgekommen. Hat es Sie nie in die weite Welt gezogen?
Dadurch, dass es digitales Fernsehen gibt, sind wir in Europa bekannt, sei es in Kroatien, Serbien, Italien, Spanien – in Dänemark haben wir eine große Fan-Gemeinde. Ich bin mit meiner Firma in ganz Europa unterwegs und gebe mein Wissen in ganz Europa weiter. . .
Sie selber sind aber mit Ihrem „Restaurant Rosin“ weiterhin in Dorsten-Wulfen verwurzelt?
Ja, genau. Für mich war es wichtig, von einem zentralen Punkt sternförmig nach draußen zu gehen. Ich habe einen zentralen Punkt, das ist meine Authentizität, die im Übrigen auch extrem wichtig ist, das ist eine Währung in unserer Gesellschaft.
Sie fühlen sich mit der Region verbunden?
Ich bin ein richtiges Ruhrgebietskind. Ich liebe diese Region über alles, die Menschen vor allem, dass man eine großartige Kultur gemeinsam lebt. Ich mag die Art und Weise, wie wir sind, eckig, kantig, laut, freundlich, liebevoll, sensibel. . .
Sensibel? Sind die Ruhris sensibel? Austeilen, aber nicht einstecken können – oder an was denken Sie?
Na klar sind wir sensibel, weil wir letztendlich feinfühlig sind. Hunde, die bellen, beißen nicht.
>> Das Buch, Frank Rosins Geschäftsideen und die Rosinchen
Schon als kleiner Junge musste Frank Rosin im väterlichen Großhandel für Gastronomieartikel Bierkisten und Frittierfett schleppen. Als der Betrieb Pleite ging, ernährte die Mutter die Familie mit ihrem Glückauf-Grill in Dorsten. Bevor er eine Ausbildung zum Koch machte, rührte Frank Rosin dort die Sauce für die Currywurst nach dem Rezept der Tante an. Das erzählt er in: „Ehrlich wie’ne Currywurst“. Das Buch hat er mit dem Autor Andreas Hock geschrieben (Ecowin, 187 S., 24 €).
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Der Genuss kommt in diesem Buch etwas kurz. Frank Rosin zeigt vielmehr, dass sein Erfolg auch ein Ergebnis von Durchhaltevermögen und kompetenten Leuten ist, die er um sich versammelt. Und von Ideen, mit denen er auf sich aufmerksam macht. Er führt nicht nurseit über 30 Jahren das Restaurant „Rosin“ in Dorsten – seit 2011 hat es zwei Michelin-Sterne.
Er ist zudem in verschiedenen Formaten im Fernsehen zu sehen, wie zuletzt in „Rosins Heldenküche“: ein Wettstreit um den Ausbildungsplatz als Koch oder Köchin. Darüber hinaus verkauft Rosin auch einige Produkte online: etwa veganen oder vegetarischen Fleischersatz. „Green Rosin“ heißt diese Linie, dort gibt es zum Beispiel Bulgur-Spinat-Walnuss-Burger. Zudem bietet er in einem Shop, auch übers Internet, Tassen und Hackmesser an sowie Pullis und sogar Badelatschen. Ein Herzensprojekt sind jedoch seine Rosinchen: Der Verein „Rosinchen for Kids“ unterstützt sozial benachteiligte Kinder in NRW.