Haltern. Sobald der Mais blüht, ist der Saisonstart für ein spezielles Freizeitvergnügen nicht mehr weit: Viele Landwirte fräsen Labyrinthe ins Süßgras.

Rechts und links recken sich gut drei Meter hohe dicke Halme in den wolkenlosen Himmel, die grünen Blätter daran ragen weit in den gemulchten Weg. Gerade noch mitten auf Feld- und Wiesenwegen unterwegs, bahnen sich Hand und Fuß nun durch ein grünes Inferno.

Aber unheimlich wirkt das ganz und gar nicht, denn durch die dichten Wände aus Halmen und Blättern dringt lautes Kinderlachen. Wir befinden uns nicht etwa mitten im Urwald, sondern im dreieinhalb Hektar großen Maislabyrinth von Martin Terhardt.

Urwald aus Halmen und Blättern

Jedes Jahr bekommt der Irrgarten ein neues Motto: In diesem Jahr steht alles im Zeichen des Fußballs.
Jedes Jahr bekommt der Irrgarten ein neues Motto: In diesem Jahr steht alles im Zeichen des Fußballs. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Der Landwirt hat vor 18, 19 Jahren damit angefangen, sorgsam geplante Wege in sein jedes Jahr aufs Neue gediehenes Maisfeld zu fräsen. So genau weiß er das nicht mehr, ein Bekannter aus der Pfalz hatte ihn damals „auf den Trichter gebracht“, Terhardt hat es dann auch mal ausprobiert.

Seitdem zieht sich jedes Jahr ein neues Muster durch das dichte Gestrüpp, Abwechslung eben. Dieses Jahr lassen sich ein Fußballfeld und ein Ball erahnen. Die sechs Stempel, die es im Irrgarten zu finden gilt, drehen sich ebenfalls ums runde Leder. Wegen der diesjährigen Europameisterschaft? Martin Terhardt zuckt mit den Schulter. Ergibt Sinn.

Noch keine Maiskolben in Sicht

Noch lassen die charakteristischen Maiskolben auf sich warten, aber das goldgelbe Getreide rückt sowieso schnell in den Hintergrund. Schließlich geht’s um die sorgsam geplanten Irrwege, die durch den dichten Halm- und Blätterwald führen. Geradeaus, rechts abbiegen, dann links und wieder rechts – Sackgasse. Noch mal zurück. War hier nicht gerade noch ein Weg?

„Wir sind schon eine Stunde unterwegs“, beschwert sich Svenja König, allerdings mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Sie verbringt den Tag mit ihren drei Kindern Maya (14), Max (12) und Mika (6) auf dem Hof von Bauer Terhardt. Nicht zum ersten Mal.

Sechs Stempel gilt es im Labyrinth zu finden

„Letztes Jahr haben wir für alle sechs Stempel nur eine halbe Stunde gebraucht“, erklärt Sohn Max. Jetzt prangen erst vier auf dem rechteckigen Zettel. Aufgeben ist aber nicht angesagt. „Wir hoffen auf die Verlosung“, verrät Mutter Svenja.

Wer alle sechs Stempel in den versteckten Metallkästen findet, darf seinen Zettel in den Hut schmeißen. Ausgelost wird am Ende der Saison. Gewinn noch unbekannt. Dabeisein ist alles.

Aus dem Irrgarten auf die Hüpfburg

Dem Bauer sei Dank: Landwirt Martin Terhardt zeichnet verantwortlich für den Freizeitspaß.
Dem Bauer sei Dank: Landwirt Martin Terhardt zeichnet verantwortlich für den Freizeitspaß. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Aber nicht nur der Getreide-Irrgarten zieht die Familie auf Terhardts Hof. Der Landwirt hat einen kleinen Vergnügungspark ans Labyrinth gebaut. Riesige Hüpfburgen und eine noch größere Rutsche, eine Go-Kart-Bahn, einen Strohberg, einen Pool, Sandkasten und Bällchenbad für die Kleinen, Strandkörbe, Tische und Bänke für die Großen.

Am Imbiss gibt’s Bratwürste und andere Snacks. „Es ist für jeden etwas dabei“, resümiert Svenja König. „Für mich ist es wie ein Tag Urlaub.“ Die Kinder nicken und wollen weiter. In den Pool und aufs Kettcar geht’s erst nach dem Irrpfad.

Ein enttäuschender Aussichtspunkt

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Eher nicht: Erst aktiv vergnügen, dann entspannen ist hier das Motto. Aber bis dahin ist es noch ein verschlungener Weg. Rechts, geradeaus, noch mal rechts, dann links. Doch statt eines Metallkastens erhebt sich auf einem großen Lehmhügel eine Metallrutsche.

Doch der vermeintliche Aussichtspunkt entpuppt sich als Enttäuschung. Grün über Grün über Grün. Der Ausgang ist nicht auszumachen. Dafür ragen der aufgeblasene Dino und das Krokodil über das dichte Süßgras. Aha, dort war also der Start. Weiter geht’s.

Familien helfen sich gegenseitig

Hunde erlaubt: Ob die Spürnase den Weg schneller herausfindet?
Hunde erlaubt: Ob die Spürnase den Weg schneller herausfindet? © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Immer wieder kreuzen schweißgebadete Väter mit kicherndem Anhang den Weg oder sonnenbebrillte Mütter wetzen dem Nachwuchs durchs Gestrüpp. Selbst Hunde versuchen, sich den Ausweg zu erschnuppern. „Braucht ihr noch den Fußballer? Da vorne rechts ist ein Stempel.“

Aus den vielen kleinen Familien, die durch das Maislabyrinth wandern, wird eine eingeschworene Gemeinschaft. Man hilft sich. Das erworbene Wissen wird weitergetragen, zum Beispiel an einen ziemlich orientierungslos wirkenden Papa. „Der hat uns noch gefehlt!“ Erleichterung. Zwei Stunden haben sie gebraucht. Jetzt aber auf zum Spielplatz.

Auszeit nach dem Herumirren

Keine Seltenheit im Übrigen: Viele Maislabyrinthe in der Region werden mit weiteren Attraktionen kombiniert. „Ohne Spielplatz würden die meisten Leute nicht bleiben“, weiß Martin Terhardt. Klar, nach zwei Stunden Suchmarathon will sich die Familie eine kleine Auszeit gönnen.

Sonnenhof in Schermbeck

Auf dem Sonnenhof in Schermbeck zum Beispiel lässt es sich im Erdbeercafé entspannen: Kuchen oder Waffeln essen, Hühner beobachten, den Nachwuchs auf dem kleinen Spielplatz umhertoben lassen.

Bauernhof-Erlebnisoase Irrland in Kevelaer

Die Bauernhof-Erlebnisoase Irrland in Kevelaer wartet gleich mit einem ganzen Freizeitpark auf, da rückt das Labyrinth fasst schon in den Hintergrund.

Hof Lünemann in Selm

Der Hof Lünemann in Selm hat sein Maislabyrinth sogar mit einem Aufruf versehen: Die gefrästen Bahnen zeigen aus der Vogelperspektive einen Menschen mit Maske und Impfnadel im Arm. 2019 hatten sich die Hofbesitzer für die „Fridays for future“-Bewegung stark gemacht.

Bergerhof in Hattingen

Auf dem Bergerhof in Hattingen gibt es einen Streichelzoo, Obstwiesen, Ponyreiten und eine Freizeitgastronomie neben dem verschlungenen Wegen zu entdecken.

Maislabyrinth am Edersee

Geballtes Vergnügen. Direkt neben dem Maislabyrinth hat Terhardt einen kleinen Vergnügungspark errichtet, indem die Kleinen sich austoben und die Großen entspannen können.
Geballtes Vergnügen. Direkt neben dem Maislabyrinth hat Terhardt einen kleinen Vergnügungspark errichtet, indem die Kleinen sich austoben und die Großen entspannen können. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Und das Maislabyrinth am Edersee macht aus der Ernte gleich ein Maisschwimmbad. Ansonsten runden Hüpfburgen, ein Biergarten und eine Rennstrecke den Spaß ab.

Und es gibt noch so viele mehr. Das Herumirren im Getreide findet sich an allen Ecken und Enden der Region wieder. Trotz der großen Konkurrenz ist Martin Terhardts Hof aber stets gut besucht. „Gerechnet habe ich damit nicht. Ich habe es halt ausprobiert und es hat geklappt.“ Der Landwirt nimmt’s wie es kommt und freut sich übers Kinderlachen auf seinem Hof.

Das Labyrinth endet als Tierfutter

Mit der letzten Spuknacht, eine Nachtwanderung für Kinder auf der Anlage, am 30. Oktober, endet die Saison, die meist gegen Anfang Juli startet, wenn der Mais hochgenug gewachsen ist. Dann wird der dichte Urwald aus Halmen und Blättern zu Tierfutter verarbeitet.

>>> Info:

Maislabyrinth Terhardt, bis 30.10., Di-Fr 14-19 Uhr, Sa+So 11-19 Uhr, Heidkantweg 90, Haltern. Eintrittspreis: 4,50 € p. P. Weitere Infos, auch zu den aktuellen Hygienemaßnahmen unter www.maislabyrinth-terhardt.de.

Eine Liste von Maislabyrinthen in der Region gibt’s online bei uns hier.