Hamburg/Gelsenkirchen.. Hallen ausgebucht, Bühnen-Personal ebenso: Nach zwei Jahren Corona-Pause boomt das Konzert-Geschäft. Doch was, wenn eine neue Corona-Welle kommt?
Konzertveranstalter und Betreiber von Veranstaltungsorten müssten nach zwei Jahren Corona-Zwangspause frohlocken: Tausende Veranstaltungen wurden wegen der Pandemie verschoben. Jetzt sind Hallen für Monate ausgebucht, weil vieles nachgeholt wird. Doch die jüngste Absage der "Mensch"-Jubliläums-Tour von Herbert Grönemeyer hat gezeigt: Corona birgt nach wie vor das Risiko, Planungen über den Haufen zu werfen. Mit Sorge blickt man in der Veranstaltungsbranche deshalb auf den Herbst.
"Wir brauchen jetzt Verhandlungen über einen neuen Rettungsschirm mit dem Bund", fordert Prof. Jens Michow, Präsident vom Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. Sollte es im Herbst erneut z.B. Kapazitätsbeschränkungen etwa für Konzerte geben, "werden die Kulturveranstalter dies aus eigener Kraft wirtschaftlich nicht überstehen", sagt Michow.
Ministerium: Keine Neuauflage von Corona-Hilfen
Doch bisher sind Verhandlungen nicht geplant, erklärt ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage: "Die aktuellen Programme der Überbrückungshilfe IV und Neustarthilfe 2022 laufen zum 30. Juni diesen Jahres zusammen mit dem von der EU-Kommission vorgegebenen Beihilferahmen aus. Über Pläne der Kommission, den Beihilferahmen zu verlängern, ist uns nichts bekannt."
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Bei der EU-Kommission sieht man nach über zwei Jahren Corona "endlich eine allgemeine Verbesserung der Gesundheitslage in Europa", heißt es in einer jüngst verbreiteten Mitteilung: Die Zahl der Covid-19-Infektionen sei unter Kontrolle, die Impfquote relativ hoch. Die Wirtschaft habe inzwischen "die ersten Schritte zur Erholung von der Gesundheitskrise unternommen." Das sei auch "eine große Erleichterungen für unsere Volkswirtschaften", gleichwohl müsse man "weiterhin wachsam bleiben."
Betreiber von Veltins-Arena: Großveranstaltungen auch bei steigenden Inzidenzen möglich
Beim Betreiber der Veltins Arena AufSchalke in Gelsenkirchen gibt man sich auch mit Blick auf den Herbst und eine mögliche neue Corona-Welle zuversichtlich: "Wir sind überzeugt davon, dass wir mit unseren Sicherheits- und Hygienekonzepten, die sich bislang bewährt haben, auch bei möglicherweise steigenden Inzidenzen Großveranstaltungen durchführen können", sagt Sprecherin Alina Bolous.
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Gelsenkirchen wäre eine der sechs Städte neben Hannover, Berlin, Leipzig, Hamburg und München gewesen, in der Tausende Grönemeyer-Fans drei Jahre nach seiner bis dato letzten Konzert-Tournee sich auf ein Wiedersehen gefreut hatten. Die "Mensch"-Tour wurde jedoch ersatzlos gestrichen, teilte Grönemeyers Konzertveranstalter Dirk Becker Entertainment in Köln kurz vor Start mit - weil der Künstler selbst, sowie mehrere Band- und Teammitglieder sich kurz vor dem Start mit Corona infiziert hatten. Fans wurden auf Grönemeyers Tournee im kommenden Jahr vertröstet.
Bis Mitte 2023 kaum noch freie Hallen für Konzerte
Zum wirtschaftlichen Schaden durch den Ausfall für die Arena-Betreiber mag man sich in Gelsenkirchen nicht äußern und zeigt Verständnis für die Absage: "Bei der Verschiebung einer kompletten Tour muss die Auslastungssituation aller Locations berücksichtigt werden. Der separierte Blick auf eine einzelne Veranstaltungsorte ist daher wenig zielführend und hat keinerlei Aussagekraft."
Beim Verband der Konzertveranstalter sieht man derzeit "einen erheblichen ‚Rückstau‘ von Konzerten", sagt Präsident Jens Michow. Bis Mitte 2023 gebe es "tatsächlich kaum noch irgendwo freie Hallentermine", sagt Michow: "Und selbst wenn es die in Einzelfällen noch gibt, lässt sich eine Tournee nicht durchführen, bei der man mit häufig zehn Sattelschleppern und 100 Mitarbeiter:innen von Hamburg nach München und dann wieder zurück nach Hannover fahren müsste. Und jeder freie Tag zwischen Konzerten kostet viel Geld."
Große Arenen sind im Vorteil
Entspannter aber sei die Situation in den großen Arenen, in denen Künstler wie Herbert Grönemeyer spielen, erklärt Michow. Diese hätten zumeist Kapazitäten von weit über 20.000 Personen, ließen sich aber oftmals "auch für kleinere Produktionen entsprechend verkleinern." Die Krux mit Blick auf Grönemeyer-Fans: "Da diese Kapazitäten überall dringend gesucht werden, sind auch große Arenen häufig nicht mehr verfügbar", sagt Michow. Zudem: Auch das nötige Bühnen-Personal ist für Monate ausgebucht, sagt Michow.
Unterdessen breitet sich mit Omikron BA.5 ein neuer Virustyp aus, der in Portugal die Zahl der Corona-Infektionen derzeit stark steigen lässt - trotz Sommerwetters. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußert die Sorge, dass dies auch bei uns schon bald die Corona-Kurve wieder nach oben schnellen lassen wird.
Verband: Fast jeder ist geimpft oder hatte Corona - Wieso noch Einschränkungen?
Bei allem Denken in "worst-case-Szenarien", wie Konzertveranstalter-Präsident Jens Michow sagt, gibt es aus seiner Sicht aber dennoch Grund für Optimismus: "Karteninhaber und Musik- oder Liebhaber sonstiger Kulturereignisse brauchen keine Sorge zu haben, dass sich die Situation der vergangenen Jahre mit Lockdowns und Kapazitätseinschärnkungen wiederholt", meint er.
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Sein Grund für diese Einschätzung: Die meisten Menschen seien inzwischen mehrfach geimpft, sagt er, viele haben Abwehrstoffe, da sie bereits mindestens einmal Corona hatten. Und letztlich wisse jede und jeder, "dass man trotz Impfung und bereits einer Erkrankung dennoch immer wieder eine Infektion haben kann", sagt Michow. Das führe ihn zu der Frage: "Was soll sich also in Zukunft noch ändern, damit es sich lohnen könnte, neue Einschränkungen zu verordnen?"