Dortmund. .
Pech und Pannen begleiten den Umbau des Dortmunder U schon das ganze Kulturhauptstadtjahr. Jetzt kommt womöglich eine Riesenpleite hinzu: Die Kosten für die Sanierung könnten 50 Millionen Euro übersteigen.
Pech und Pannen begleiten den Umbau des Dortmunder U schon das ganze Kulturhauptstadtjahr lang. Jetzt kommt womöglich noch eine Riesenpleite hinzu: Die Kosten für die Sanierung der Brauer-Brache sind dramatisch in die Höhe geschnellt, mit 22,5 Millionen Euro wird nun allein die Instandsetzung des ehemaligen Kellereihochhauses zu Buche schlagen. Ursprünglich hatte man für diese „Dach- und Fachsanierung“ nur sechs Millionen angesetzt. Im Februar war die Summe dann auf zehn Millionen Euro taxiert worden.
Die Kostenexplosion könnte nun die Brüsseler Bürokraten aufhorchen lassen. Es droht ein aufwändiges EU-Verfahren, im schlimmsten Fall fordert die EU ihr Geld zurück.
NRW-Kulturministerium bereitet EU-Großprojekte-Antrag vor
„Wir bereiten uns vorsorglich darauf vor, bei der EU einen Großprojekte-Antrag zu stellen“, bestätigte Stefanie Jenkner, Sprecherin des federführenden NRW-Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, auf Anfrage. Die Grenze für derartige Großprojekte liegt bei 50 Millionen Euro. Und da blieb der Ausbau des Beton-Kolosses der Union-Brauerei (Baujahr: 1927) zum 2010-Leuchtturmprojekt mit vorgerechneten 45,76 Mio Euro klar drunter.
Ohne Hilfe aus Brüssel wäre Dortmunds wichtigster Beitrag zur Kulturhauptstadt nie realisiert worden. Denn die 32 Millionen Euro Landesförderung enthielten allein 23 EU-Millionen, also die Hälfte des Gesamtetats. Nur 30 Prozent sollte die Stadt selbst beisteuern – zuzüglich möglicher Mehrkosten. Dass das „europaweit einzigartige Innovationszentrum“ für knapp 46 Millionen nicht zu bekommen sein würde, müssen die Projektverantwortlichen zumindest geahnt haben; die Dortmunder Grünen jedenfalls sahen die Gesamtkosten von Anfang an bei 70 Millionen.
Kämmerer hält mehr als 50 Millionen für wahrscheinlich
Stadtkämmerer Jörg Stüdemann hält den Sprung über die 50-Mio-Grenze für „wahrscheinlich“. Die Zahl unterm Strich ist für den SPD-Mann inzwischen aber gar nicht mehr ausschlaggebend. Der Anstoß für die anspruchsvolle Großprojekte-Prüfung im Nachhinein sei aus dem NRW-Finanzministerium gekommen, teilte Stüdemann in einem nicht-öffentlichen Bericht für den Stadtrat mit - und zwar im Frühjahr 2010, also noch vor der Abwahl der Regierung Rüttgers. Im Finanzministerium hatte man wohl urplötzlich kalte Füße bekommen und stellte zumindest in Frage, ob die „Differenzierung in Teilprojekte“ (also die Abtrennung der Dach- und Fachsanierung vom eigentlichen Ausbau) tatsächlich vereinbar ist mit den Förderrichtlinien der EU.
Wie die Prüfung in Brüssel ausgehen wird, mag der Kämmerer nicht abschätzen. Eher schon ist sich Stüdemann sicher, dass sein Haushalt schadlos bliebe, sollte die EU zu dem Schluss kommen, dass die 23 Millionen zu Unrecht geflossen sind, und ihr Geld zurückfordern. „Wir haben unseren Förderantrag beim Land gestellt und auf der Grundlage des Bewilligungsbescheides des Landes gehandelt“, stellt Stüdemann klar. „Wir halten uns letztlich an die Landesregierung.“
Auch beim Betrieb des Kreativzentrums laufen die Kosten aus dem Ruder
Doch nicht nur beim Bau, auch beim Betrieb des Kreativzentrums laufen die Kosten aus dem Ruder. Damit der Turm, dessen Ankermieter das Ostwall-Museum ist, nicht aus dem auf Kante genähten Kulturetat gespeist werden muss, soll eine Stiftung gegründet werden. Der Clou: Als Grundstock will die Stadt ausgerechnet den millionenschweren Kunstschatz des Museums heben.
Natürlich denkt niemand ernsthaft daran, die wertvollen Bilder und Skulpturen in Bares umzumünzen. Eine Stiftung aber könne leichter Sponsoren gewinnen und Darlehen aufnehmen, so das Kalkül. Wie viel die Stiftung erwirtschaften muss, um den Turmbetrieb („wenigstens 70 Beschäftigte”) zu gewährleisten, liegt derzeit im Nebel. Eines steht aber fest: Ein derartiger Entschluss wäre rechtlich unumkehrbar, sagen Experten: „Das ist eine Entscheidung für die Ewigkeit.”