Dortmund. .

Neues Album, neuer Stil: „Wir sind Helden“ präsentieren sich beim Konzert in der Westfalenhalle 2 ruhiger und sanfter als früher. Aber manchmal zeigt Sängerin Judith Holofernes auch ihre gewitternde Seite.

Judith Holofernes wäre ein super Hippie-Mädchen geworden. Ein Ballonrock mit Punkten, den sie später gegen ein grünes Walle-Walle-Kleid tauscht. Lange Mähne, rote Strumpfhose, dazu diese eindringliche, leicht rauhe Stimme. Fehlte nur noch ein Blumenkranz im Haar. Dummerweise kam die 33-Jährige für Flower-Power ein paar Jahre zu spät. Sie wuchs mitten in der Neuen Deutsche Welle auf und das hört man ihren Liedern deutlich an. „Aurelie”, „Guten Tag” oder „Denkmal” hätten sich auch zwischen Nena und Hubert Kah gut gemacht. Doch die Achtziger kamen ebenfalls zu früh.

Also haben „Wir sind Helden” einfach den nächsten deutschen Musikboom ausgelöst. Frauen-Power statt Flower Power. Neben Bands wie Mia, Juli oder Silbermond waren die Helden immer etwas schneller, etwas weiter, vielleicht auch etwas besser.

In der Westfalenhalle 2 melden sie sich zurück aus ihrer Elternzeit. Denn nach dem Musikboom kam der Babyboom. Und auch hier waren die Helden etwas schneller, weiter und erfolgreicher als die anderen. Sie haben es schon auf drei Band-Babys gebracht. Wenn man das neue Album mitzählt, sind es sogar vier. „Bring mich nach Hause”, das ist die Platte, mit der Zweifachmutter Judith Holofernes, ihre drei Jungs an den Instrumenten und zwei Gastmusiker durch Deutschland touren.

Ein Multimusikmännchen

Man könnte das vierte Studioalbum der Helden „reifer” nennen. Man könnte aber auch „verhaltener” dazu sagen und würde damit ebenfalls den neuen Stil der Judith Holofernes treffen. Während sie früher das Gitarre spielende, singend tanzende, lächelnde und fauchende Multimusikmännchen war, wirkt sie nun ruhiger, konzentriert sie sich auf den Gesang. Sie kann das, das passt.

Aber auch ihr Ehemann und Schlagzeuger Pola Roy hat sich gewandelt. Zumindest optisch. Der Bartwuchs im Gesicht des 35-Jährigen ist inzwischen so dicht, dass er zur Lösung dieses Problems vermutlich eines Tages eine Heckenschere benötigen wird.

Acht Lieder vom neuen Album packen die Helden zusammen mit ihren Klassikern in knapp zwei Konzertstunden. Darunter die langsamen „Träume anderer Leute” oder „Nichts, was wir tun könnten”, das die Sängerin ohne ihre Band präsentiert. Begleitet nur von einem warmen, herbstlichen Licht aus den Scheinwerfern. Manchmal blitzt aber auch die alte Judith Holofernes auf. Bei „Denkmal”, dem große Hit aus dem Debüt-Album „Die Reklamation”. Da kehrt die gewitternde Gitarrenfrau zurück. Und das kann sie besser, das passt noch mehr.

Das Publikum in der kleineren Westfalenhalle wirkt dabei wie eine Mischung aus Berlin-Mitte und Bastelkreis. Es scheint mit der Band reifer geworden zu sein, man könnte es auch verhaltener nennen.