Essen. Als Benjamin geboren wurde, war Tillmann fünf Jahre alt und hätte seinen Bruder am liebsten im „Sauteich” versenkt. Die Autoren Benjamin und Tillmann Prüfer sind einander "Idol - Rivale - Verbündeter" in ""Mein Bruder" berichten sie darüber.

Das war im Jahr 1974. Später entwarfen sie zusammen in „Tierhausen” eine revolutionäre Stofftier-Welt im Schuhkarton-Format. Noch später war der Große der Chef des Kleinen – und da lauerte sie wieder, diese alte Mordlust.

Die Prüfers sind ein prominentes Brüderpaar, oder sagen wir: ein mediales. Tillmann Prüfer ist Redakteur beim Zeit-Magazin und dessen bissiger „Stilkritiker”. Benjamin trat zunächst in die journalistischen Fußstapfen (unter reichlicher Zuhilfenahme der guten Beziehungen), obwohl Tillmann ihn mangels „Oberflächlichkeit” für nicht geeignet hielt: Weil der kleine Bruder nicht zu denen gehöre, denen es genüge, „das zu wissen, was sie bis zur nächsten Ecke bringt oder an die Lippen der nächsten Frau”. Leider gehört Benjamin offenbar auch nicht zu denen, die sich vor Fleiß umbringen. Als Tillmann bei der Financial Times Deutschland Vorgesetzter des kleinen Bruders wird, muss er sich über dessen Arbeitsmoral ärgern. Benjamin kündigt, weil Tillmann es wünscht.

Immer auf die Großen

Viel böses Blut fließt in dem Buch über Brüder, das in Dialogform zwei Leben offenlegt. Zwar haben die beiden ihre Eifersucht mit wissenschaftlichen Fakten legitimiert und ihre Beziehung durch einen Besuch beim Paartherapeuten Wolfgang Schmidbauer verbessert. Doch bleibt genug Unverständnis, um die letzten Kapitel zur emotionalen Schlacht werden zu lassen. „Mein Bruder hatte mich im Stich gelassen. Das habe ich bis heute nicht verwunden,” schreibt Tillmann über die missglückte Zusammenarbeit. Was weinerlich klingt angesichts der Sorgen, die Benjamin umtrieben: Seine Freundin Sreyko aus Kambodscha erkrankte an Aids. Später schrieb er über die dramatische Liebesgeschichte ein Buch („Wohin du auch gehst”), das gerade verfilmt wird von Detlev Buck. Benjamin wird gespielt von David Kross. Und Tillmann? Kommt schlecht weg. „Jeder Film braucht einen Bösen”, schreibt Tillmann im Zeit-Magazin. „Der Antiheld bin ich. Immer auf die Großen.”

Ob es ihn getroffen hat, dass der Kleine mit einer Geschichte mehr Aufmerksamkeit erheischt als der Große mit allen Geschichten zusammen? Ungeschickt ist es jedenfalls nicht, vor dem Filmstart im Herbst ein Buch auf den Markt zu werfen. Da ist der gekränkte Bruder ganz Medienprofi.

Benjamin & Tillmann Prüfer: Mein Bruder, Scherz Verlag, 270 Seiten, 16,95 Euro