Frankfurt/M. .
Alle reden vom E-Book - aber (fast) keiner kauft ein Buch im Dateiformat: Bisher liegt der Anteil der E-Books an den Umsätzen der deutschen Verlage bei maximal einem Prozent. Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, meint, dass sich dies ändern wird. Mit ihm sprach Britta Heidemann.
Wir reden seit Jahren von der großen Revolution durch das E-Book. Wo bleibt sie?
Sie zeichnet sich ab. Wir stehen auf der Schwelle zur Entwicklung des E-Books als marktrelevante Größe. Wenngleich voraussichtlich die Entwicklung in Deutschland und Europa anders verlaufen wird als in den USA. In den USA haben wir sehr große Wachstumsraten, aber der Buchmarkt unterscheidet sich auch sehr von unserem.
Inwiefern?
In den USA gibt es so gut wie kaum noch ein Buchhandelsnetz. Sie müssen sich Bücher meistens bestellen, was wegen der Entfernungen länger dauert. Sodass dann das Ausweichen auf E-Books geradezu ideal erscheint. Das scheint mir auch ein Schlüssel zu der Frage, ob E-Books das Buch ablösen werden. Wir werden eine Koexistenz beider Medien haben.
Letztlich entscheidet der Leser - und zwar danach, welche Vorteile des jeweiligen Mediums er jetzt gerade braucht. Die schnelle Verfügbarkeit, die Speicherbarkeit auf relativ kleinem Platz beim E-Book. Und auf der anderen Seite die Vorteile des Buches: die Haptik, das Gefühl dafür, wo etwas steht, das Seitenblättern und die Sichtbarkeit im Regal
Wobei sich auch die elektronische Form des Lesens verändert: Rowohlt stellt während der Messe ein App für das iPad vor, es gibt E-Books für Kinder mit Zeichnungen und Filmchen…
Gerade diese „enriched books“ sind ein Vorteil, die dieses Medium natürlich ausspielen wird. Es haben viele Verlage so etwas in der Schublade. Die Frage ist aber immer, was will der Leser nutzen. Ich glaube, Print und Ebook werden sich ergänzen. Wenn ich auf Dienstreise bin, will ich vielleicht Uwe Tellkamps „Turm“ nicht herumschleppen, und nehme das E-Book mit - aber lese daheim im gedruckten Buch.
Müsste der E-Book-Download im Vergleich zum Buch nicht längst viel, viel günstiger sein?
Das ist ein Punkt, bei dem man sich noch mal genauer die Kostenstrukturen anschauen muss. Bei einem Print-Book macht der Druck, das Papier und der Vertrieb, gerade mal zehn bis 15 Prozent des Preises aus. Wenn Sie bedenken, dass es für E-Books noch keinen reduzierten Mehrwertsteuersatz gibt, haben Sie die zwölf Prozent eben da oben drauf. Dann sind bei einem beginnenden Markt hohe Investitionen notwendig…
Zum Beispiel?
Die Entwicklung und Konvertierung der Formate, die Einstellung der Prozesse innerhalb eines Verlages zum Beispiel. Das ist nicht trivial. Man kann nicht einfach den elektronischen Satz, den man in den Druck geschickt hat, ins Netz stellen. Da sind zusätzliche Investitionen nötig. Und die Verlage sind natürlich bei der Preisfindung ganz am Anfang. Falls das ein nennenswertes Mengengeschäft wird, werden die Preise sicherlich weiter sinken. Aber sie sind ja schon jetzt niedriger als bei den Print-Büchern. Ein Drittel der Bücher kosten als E-Books 20 Prozent weniger, die übrigen sind im Vergleich sogar noch günstiger.
Sie wollen die E-Book-Plattform libreka! weiter ausbauen und arbeiten jetzt mit Apple zusammen - wie sieht das genau aus?
Wir haben als Buchbranche von den „Fehlern“ der Musikindustrie gelernt, indem wir als Branche früh ein legales Angebot zum Downloaden gemachten haben. Wir verfügen als Plattform über einen Großteil der deutschsprachigen Buchinhalte und sind als Aggregator für Plattformen wie Apple natürlich besonders wertvoll. Da haben wir ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Alle Buchtitel der Plattform können jetzt über den Apple Bookstore runtergeladen werden. Für die Verlage bedeutet dies wiederum eine hohe Sichtbarkeit im Netz.
Aber Piraterie bleibt trotzdem ein Thema?
Schätzungen zufolge sind 49 Prozent aller Hörbuch-Downloads und 39 Prozent aller E-Book-Downloads illegal. Wenn es keine rechtsstaatlichen Verhältnisse im Netz gibt, kann es natürlich auch keine Entwicklung neuer Geschäftsmodell geben. Das bedeutet eine Bekämpfung der Internet-Piraterie. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht ganz klar drin, dass da etwas getan werden muss – aber man muss es jetzt auch mal tun.