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Der Kultursender Arte feiert seinen 20. Geburtstag und genießt eine Freiheit, die man öffentlich-rechtlichen Sendern sonst schon lange nicht mehr zugesteht. Das Ergebnis: Qualität und nichts als Qualität.

Man muss sich Gottfried Langenstein als einen glücklichen Menschen vorstellen. Natürlich ist auch er verpflichtet, ab und an der Politik etwas zu den Quoten des Senders sagen, dessen Präsident er noch bis zum Jahresende ist. Aber Arte genießt eine Freiheit, die man öffentlich-rechtlichen Sendern sonst schon lange nicht mehr zugesteht. Das Ergebnis: Qualität und nichts als Qualität.

Ironie der 20-jährigen Geschichte: Der deutsch-französische Kulturkanal ist eine politische Kopfgeburt. Helmut Kohl und Francois Mitterand wollten der dahindümpelnden Freundschaft beider Länder mit dem zweisprachigen Arte am 2. Oktober 1990 eine Vitaminspritze verpassen. Es klang nicht nach einem Projekt mit großer Zukunft. Seit Mai ‘92 wird gesendet.

Arte buhlt nicht um das Publikum von ProSieben oder Sat.1

In Zeiten, in denen Brauereien, Telefonanbieter und Pharmakonzerne das Fernsehprogramm mit Verkaufsgesprächen zersetzen, ist der Sender ein Hort paradiesischer Vor-RTL-Zustände ge­blieben. Hier werden nicht einmal Sendungen von zahlender Werbekundschaft „präsentiert”. Arte bestreitet sein Programm ausschließlich aus Gebühren. 2009 standen dafür etwas mehr als 400 Millionen Euro bereit.

Weil die Quote nie eine Rolle spielt, buhlt Arte auch nicht um das Publikum von ProSieben oder Sat.1. Man pflegt mit hochwertigen Dokumentationen, Themenreihen, Opernaufführungen und überdurchschnittlichen Spielfilmen sein Profil. Was ARD und ZDF oft verschämt im Nachtprogramm verstecken, wenn sie es denn überhaupt noch anbieten, hat bei Arte eine realistische Viertel-nach-Acht-Chance.

Entsprechend niedrig liegt der Marktanteil, bei etwa einem Prozent, was vermutlich weniger über den Sender als über die Sehgewohnheiten des Publikums aussagt. „Die Leute sind herunterkonditioniert”, hat ein ZDF-Redakteur unlängst einmal gesagt. Eine Entwicklung freilich, an der das Erste und das Zweite kräftig mitgeschraubt haben. In Frankreich ist der Marktanteil von Arte zweieinhalb mal so hoch. Nach Langensteins Angaben schalten etwas sechs Millionen Zuschauer in Deutschland regelmäßig ein, in Frankreich neun Millionen. In beiden Ländern ist die Konkurrenz gewachsen, 3sat ist hierzulande der bekannteste Mitbewerber.

Berührungsängste

Dass Arte sich bei den Einschaltquoten in der Nische bewegt, liegt auch am Image des Senders. Programmzapper fürchten oberlehrerhafte Attitüden, argwöhnen, dass der große Bruder von Anspruch Langeweile heißt. Was dazu führt, dass ein spannender Zweiteiler wie „Lehrjahre der Macht” vergangene Wo­che nur einen Bruchteil des Publikums erreichte, den er bei den großen Sendern hätte erwarten dürfen.

Es lohnt sich, die Berührungsängste mit Arte abzustreifen. Das Jubiläumswochenende könnte ein schöner Anfang dafür sein.