Essen/Gera. .

Das ARD-Politmagazin „Monitor“ widmet sich dem Großthema Einheit. Am Donnerstag, 22 Uhr, steht ein aus Gera, Thüringen, gesendetes Special unter dem Motto: „Einheit oder einverleibt? – 20 Jahre Wiedervereinigung“.

Was ist aus der Deutschen Einheit geworden – 20 Jahre nach der Wende? Sind sich West und Ost so nahe gekommen, wie die Jubiläumsfeiern es suggerieren? Warum fühlen sich zwei Drittel der Ostdeutschen als Menschen zweiter Klasse? Diesen Fragen geht das ARD-Magazin „Monitor“ in seiner Spezialausgabe aus Gera nach. „Monitor goes East, das ist sinnvoll und spannend bei einem so historischen Datum“, lässt sich Moderatorin Sonia Seymour Mikich zitieren.

In Gera hatten vor genau 20 Jahren „Monitor“-Reporter wie der damalige ARD-Korrespondent Jürgen Thebrath Gewinner und Verlierer der herannahenden Einheit hautnah erlebt und porträtiert: Der bis dato mächtige Kreispartei-Sekretär zum Beispiel wurde in den Schlachthof strafversetzt, die SED-Funktionärin glaubte ungebrochen an den Sieg der Partei, und Bürgerrechtler hatten den Kopf voller Träume und glaubten an den vergoldeten Westen. „Monitor“ hat die Interviewpartner von damals wiedergefunden, um zu erfahren, wie es ihnen im Kapitalismus ergangen ist: Ein Rückblick erinnert an die Stimmungen, Ängste und Hoffnungen von damals. „Monitor“ trifft die Protagonisten von einst wieder und erzählt von ihrem heutigen Leben. Eine lebenswirkliche Doppelreportage, die den Wandel von Einstellungen und Gefühlen bilanziert:

Vom Sozialismus zum Kapitalismus

Als Kurt Duminick vor 20 Jahren im fast leeren Gebäude der SED-Bezirksleitung vor der West-Kamera von „Monitor“ saß, war er für „den Kontakt zwischen den Massenorganisationen und der SED zuständig“, wie er es heute beschreibt. Er beherrschte die Sprache des Sozialismus und glaubte fest, die Genossen, die ihn jetzt besuchten, „wieder zum parteilichen Leben führen“ zu können. Kurz darauf war er selbst arbeitslos. Wie viele seiner Genossen musste er sich selbstständig machen, eine Anstellung fand der SED-Kader damals nicht. Von dieser Zeit erzählt er immer noch bitter, er fühlte sich ungerecht behandelt. Heute arbeitet er als Finanzberater. Vom Sozialismus mitten in den Kapitalismus.

Der Bergbauingenieur Peter Petersen riskierte viel, als er Ende 1989 in der Johanniskirche in Gera vor laufender ARD-Kamera rief: „Dieser Staat braucht 15 bis 20 Jahre, um sich wirtschaftlich zu erholen. So viel Zeit habe ich in meinem Leben nicht mehr. Und jeder Mensch hat ja nur ein Leben. Ich will jetzt leben.“ Der Superintendant raunte ihm immer wieder ins Ohr, er solle sich mäßigen, doch Petersen dachte nicht daran, er wollte die DDR lebenswert machen und sprach einfach weiter. Schließlich wollte sein eigener Sohn das Land verlassen. Heute ist er gesundheitlich schwer angeschlagen, wie viele seiner Kollegen die im Uran-Bergbau der Wismuth AG arbeiteten.

„Monitor“ untersucht außerdem die innere Grenze zwischen Ost und West und fragt, warum mit Ausnahme der Bundeskanzlerin Ostdeutsche kaum in den Führungsebenen der Republik angekommen sind. Nicht einmal auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stellen sie einen relevanten Anteil als ranghohe Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft, Justiz, Wissenschaft, Verwaltung und Medien. Eine Generation nach der Wende sind deutliche Unterschiede bei Aufstiegschancen, Machtverteilung und Selbstwahrnehmung festzumachen. Keines der 30 DAX-Unternehmen wird von einem Ostdeutschen geleitet, und keiner der 16 Bundesverfassungsrichter stammt aus dem Osten.

Außerdem fragt „Monitor“: Was ist aus den großen investigativen Themen geworden, die nach der Wende Schlagzeilen machten? Die verschwundenen SED-Millionen, die gestohlenen Rosenholz-Dateien, die Treuhandskandale? Schließlich zeichnet die Sendung vor Ort nach, wie intensiv die Treuhandpolitik in der Nachwendezeit die Besitzverhältnisse bis heute geprägt hat.