Bottrop..
Das Museum Quadrat in Bottrop sorgt mit den „Letzten Bildern“ des amerikanischen Kunstradikalen Ad Reinhardt für eine kleine Sensation. Er liebt die Farbe Schwarz, ist aber kein Schwarzmaler.
Am Ende, als sich das Dunkel über die Leinwand gelegt hat wie ein finsteres Vermächtnis, ist Ad Reinhardt immer noch kein Schwarzmaler. Er weiß, dass seine „letzten Bilder“ natürlich nicht das Ende der Malerei sind, die immer wieder aus sich selbst, aus dem Formenkanon heraus schöpft. Dafür ist Reinhardt viel zu rational, zu weitsichtig. Aber für ihn kann es nach Jahren des Suchens, nach einem erstaunlich farbigen Reifungsprozess, am Ende nichts anderes mehr geben als das Schwarz. „Farbe blendet“, postuliert Reinhardt, „Farbe ist nur Oberfläche“, „ablenkende Verzierung“. Schwarz ist seine künstlerische Essenz, seine Materie. In den letzten sieben Jahren seines Lebens malt er nichts anders mehr.
Liebe zum Quadrat
Ad Reinhardt im Bottroper Museum Quadrat nun im Original zu sehen, ist an sich schon eine Besonderheit. In den vergangenen 25 Jahren hat es in Europa keine einzige Reinhardt-Schau gegeben, das New Yorker Museum of Modern Art widmete ihm die letzte Retrospektive 1990. Zudem besitzen nur wenige deutsche Museen Reinhardt-Werke, noch weniger zeigen sie auch. Vor allem Reinhardts schwarze Bilder, die jetzt aus London, aus dem Pariser Centre Pompidou, dem New Yorker Museum of Modern Art, aber auch aus dem Essener Folkwang Museum nach Bottrop verliehen wurden, sind so empfindlich, dass man ihre Weitergabe schon als kleine Sensation und großen Vertrauensbeweis werten muss. Allein die Londoner Tate Gallery hat eine Arbeit sicherheitshalber hinter Glas gepackt, was dem Betrachter die Erkundung der Farbfläche allerdings erschwert. Eine andere Leihgabe zeigt, wie der Restaurierungsversuch einer einmal beschädigten Oberfläche scheitern kann, auf der die Farbpigmente schutzlos bloßliegen, samtig und gleichzeitig stumpf, abweisend und doch magisch anziehend.
Reinhardts Bilder sind eine Einladung, zum Innersten der Farbe vorzudringen, zu erkennen, was unter dem Schwarz schimmert; das Blau, das Rot, das Grün. Sie sind auch ein Anstoß, über das Wesen von Kunst zu sinnieren, darüber, wie populär, wie erlebnisorientiert Ausstellungen sein sollen. „Kunst ist Kunst-als-Kunst, und alles andere ist alles andere“, ist ein vielzitierter Merksatz des Künstlers ohne Kompromisslust.
Ehrgeiziges Ausstellungs-Projekt
Persönliche Äußerung, jede Art von oberflächlicher Expressivität war Reinhardt dabei fremd, nicht nur das verband ihn mit dem deutschen Bauhaus-Lehrer Josef Albers, von dem ebenfalls Werke zu sehen sind. Museumschef Heinz Liesbrock sieht das seit langem geplante, ehrgeizige Ausstellungs-Projekt deshalb auch als wunderbare Weiterführung der mit Sol LeWitt und Donald Judd begonnenen Albers-Dialog-Reihe.
Man entdeckt, was die beiden kultivierten Radikalen – auf den Kunstmärkten anfangs verpönt und angegriffen – verband: die persönliche Zurückgenommenheit, vor allem aber die Liebe zum Quadrat. 1,57 mal 1,57 Meter sind Reinhardts Bilder am Ende ausnahmslos. Idealmaß.
Malerisch-weiche Farbblöcke
Die schwarzen Quadrate, in einem lichten Raum zum Finale furioso eines überaus disziplinierten bis asketischen Künstlerlebens zusammengeführt, ist der Clou der Schau. Freilich zeigt das Museum auch die Entwicklung, die Übergänge. Es beginnt in den späten 30ern mit ersten, noch vom Kubismus geprägten Bildern. Die Schau zeigt eines der berühmten „grid paintings“, der kleinen, farbigen Gitterbilder. In den 1950ern folgen die „brick paintings“, die langgezogenen „Ziegelbilder“ mit ihren noch „,malerisch“-weichen Farbblöcken. Bis sich die Farben immer stärker annähern, aus dem Tiefrot, dem Dunkelblau ein endloses Schwarz wird. Schicht für Schicht verdichtet Reinhardt seine fragilen Werke, in Farbe geronnene Zeit.
Die Ausstellung „Letzte Bilder“ im Bottroper Museum Quadrat läuft bis 9. Januar: Dienstag bis Samstag 11-17 Uhr, sonntags und feiertags 10 - 17 Uhr. Eintritt: 8 Euro.