Duisburg..

Eine Geschichte von aggressiven Macho-Kids und Kopftuchmädchen erzählt Nurkan Erpulat in „Verrücktes Blut“ - und wird mit der hochintensiven Aufführung nicht nur für die Ruhr Triennale Theatergeschichte schreiben.

Die Schüler aus dem islamischen Migranten-Milieu pöbeln, kratzen sich unfein und demütigen lautstark ihre verzweifelte Lehrerin. Bis sie zur Pistole greift und das klassische Bildungsideal westlicher Aufklärung mit Gewalt erzwingt.

Bei der Ruhr Triennale feierte das explosive Bühnenstück „Verrücktes Blut“ in der Gebläsehalle im Duisburger Landschaftspark Nord eine beeindruckende Premiere. Die Inszenierung von Nurkan Erpulat und Jens Hillje, eine Produktion der Triennale und des Berliner Theaters „Ballhaus Naunynstraße“, folgt dabei Jean-Paul Lilienfelds Film „La Journee de la Jupe“.

Nurkan Erpulat und ihr junges Schauspielerteam dürften mit dieser hochintensiven Aufführung nicht nur für die Ruhr Triennale Theatergeschichte schreiben. Es ist die Geschichte von den aggressiven Macho-Kids und den Kopftuchmädchen, die in der Schule nicht lernen wollen und nicht erkennen, dass nur Bildung ihren Weg ins gesellschaftliche Abseits verhindern kann.

Die Lehrerin nimmt ihre Schüler als Geiseln

Als die herumgestoßene Lehrerin im Rucksack eines Schülers die Pistole findet, macht sie diese zu Geiseln, drängt sie auf die Bühne und zwingt sie, Schillers „Räuber“ zu spielen. „Wie könnt ihr keine Affen sein, wenn ihr das schöne deutsche Wort Vernunft noch nicht mal richtig aussprechen könnt?“, fragt die zierliche Lehrerin mit vorgehaltener Waffe. Sesede Terziyan macht sie mit unglaublicher Energie und berstender Sprachgewalt zum intellektuellen Monster im Dienste der Aufklärung.

Während die Schüler zitternd Friedrich Schiller folgen, beginnt ihre coole Fassade zu bröckeln. Identitäten gehen in diesem Krieg der kulturellen Grenzüberschreitungen verloren und die Lehrerin erzwingt den Offenbarungseid unmündiger junger Machos, die sich zuletzt nach viel Gewalt und Tränen mit ihr versöhnen.

Dem Triennale-Team und dem Ballhaus Naunynstraße, das sich als einziges Post-Migrantentheater Deutschlands rühmt, ist eine bemerkenswerte Produktion gelungen, die sich eindringlich mit dem schwierigen Thema auseinandersetzt. Es gab für die Regisseurin und ihre ausgezeichneten Schauspieler Ovationen eines von der Wucht dieses Theaterabends fast erschlagenen Publikums.