Köln..

Katharina Saalfrank unterläuft regelmäßig die Klischees ihrer eigenen Sendung.

Katharina Saalfrank und Guido Knopp haben etwas gemein. Vom Laien-Publikum werden sie geliebt, von der eigenen Zunft argwöhnisch beobachtet. Sie provozieren die Akademiker, weil sie Komplexes vereinfachen, weil sie verkitschen und nicht zuletzt, weil sie im TV auftreten. Knopp im dreiviertelseriösen ZDF; Saalfrank bei RTL. Der Fall scheint klar. Oder auch nicht.

Tatsächlich ist „Die Super Nanny“ weit weniger zynisch als manch andere Prekariats-Dokumentation im Fernsehen. Das liegt zum Großteil an Saalfrank selber. Es ist die Moderatorin, die diese Sendung vor dem Kentern bewahrt. An der gestrigen Folge ließ sich das gut beobachten.

Keine herablassende Sozialschnulze

Wir verfolgen das Schicksal der Familie S. Auf den ersten Blick fehlt kein Klischee: übergewichtige Mama, schreiende Kinder, hilfloser Freund, ungewaschene Teller, Tattoos und Kippen. „Zynismus!“, „Vorführeffekt!“, denkt man als medienkritischer Zuschauer, und natürlich ist die Familie S. für Sendungen wie die Super Nanny und RTL allgemein ein (Quoten-)Traum.

Die Kunst der Katharina Saalfrank besteht darin, aus dieser Steilvorlage keine herablassende Sozialschnulze zu machen. Die Regie erleichtert ihr den Job nicht: Bei rührenden Szenen heben die Streicher an, jeder Streit und jede Träne werden von der Kamera protokolliert. Manchmal wirkt Saalfrank wie die einzig gute Schauspielerin in einem wirklich schlechten Film. Das würde allerdings heißen, dass sie etwas vortäuscht. Und danach sieht es nicht aus.

Im Gegensatz zu anderen TV-Erziehern nimmt man Saalfrank ab, dass sie ihrer Klientel wirklich helfen will. Ob eine gerade mal 60minütige Fernsehsendung der richtige Rahmen dafür ist, steht auf einem anderen Blatt. Tatsache ist, dass sie Menschen mit Interesse begegnet, für die das Interesse an der eigenen Person eine neue, und nicht selten heilsame, Erfahrung ist.

Saalfrank wirkt nie zynisch

Da wäre – im aktuellen Fall – der 9jährige Damian, der Saalfrank vom Dauerstreit seiner Eltern erzählt und dabei wütend Steine ins Wasser wirft. Nach fünf Minuten hat man den Eindruck, er erzähle dieser Frau mehr, als er anderen in fünf Jahren erzählt hat. Auch gegenüber der Mutter trifft die „Super Nanny“ den richtigen Ton, wirkt verständnisvoll, aber nicht lasch, freundlich, aber nicht unverbindlich. Dass ihre „Therapie“, wenn es schlecht läuft, nicht von Dauer sein könnte, daraus macht die Moderatorin keinen Hehl.

Wahrscheinlich fährt man am besten, wenn man die „Die Super Nanny“ als pädagogische Unterhaltungssendung versteht. Sie ersetzt keine langfristige Familientherapie – wie auch? Das bedeutet allerdings nicht, dass die gezeigten Mütter, Väter und Kinder hier nur ausgenutzt würden. Saalfrank zeigt Probleme auf, gibt Anstöße, strukturiert. Was ihre Schützlinge langfristig damit machen, bleibt offen. Ein zynisches Ausnutzungsformat wird die „Super Nanny“ dadurch nicht.