Kleve.
„Wir sind das Beuys-Zentrum“: Mit diesen Worten begegnet Bettina Paust, Museumsdirektorin von Schloss Moyland, den öffentlichen Störfeuern gegen das umfangreichste Beuys-Museum der Welt. Ein Interview.
Das Museum Schloss Moyland hat heftige Turbulenzen hinter sich: Führungsprobleme blieben lange ungelöst und öffentliche Kritiker versuchten, das Haus in Misskredit zu bringen. Die seit 2009 amtierende Museumschefin Bettina Paust kämpft für den Neuanfang im niederrheinischen Schloss Moyland. Den Auftakt macht ab 5. September die Ausstellung „Beuys: Energieplan“.
Zum 20. Todestag war es still um Joseph Beuys geworden. Fünf Jahre später ist das anders. Von Museum Schloss Moyland bis Münster, von der Kunstsammlung NRW bis zur Kunsthalle in Heilbronn erinnern Museen an den Begründer des „erweiterten Kunstbegriffs”. Ist Beuys wieder in Mode?
Bettina Paust:Für uns steht es natürlich keine außer Frage, welche kunstgeschichtliche Bedeutung Beuys hat, auch für die Gegenwart. Wir haben sogar seine Präsenz in der internationalen Forschung untersucht – verglichen z.B. mit Warhol und Picasso. Beuys lag eindeutig vorne. Dass es jetzt auch zu so einer Ausstellungs-Konzentration kommt, lässt die Schlussfolgerung zu, dass Beuys gerade für das Land NRW noch immer einer der wichtigsten Künstler ist.
Ist so das öffentliche Gerangel um die Beuys-Bestände zu erklären, das vor einer Weile in dem Vorwurf gipfelte, das Werk sei im Museum Schloss Moyland nicht würdig untergebracht?
Paust:Die Störfeuer sind durchsichtige Maßnahmen, um das Haus in der Öffentlichkeit zu diffamieren, was nicht gelingt. Wesentlich ist: Wir haben – weltweit gesehen – einen sensationellen Beuys-Bestand, sonst wären die Angriffe auch nicht so vehement gewesen.
Heiner Bastian, Beuys’ früherer Privatsekretär, hat nicht nur die „Moyländer Hängung” bis dicht unter die Decke kritisiert, sondern auch behauptet, die ausgestellten, hochempfindlichen Papierarbeiten wären viel zu lange dem Licht ausgesetzt gewesen und zerstört.
Die Moyländer Hängung wird es nicht mehr geben, das stand schon bei meinem Amtsantritt fest. Und nicht erst seit der Kampagne von Herrn Bastian war es Teil meines Planes, ein Rotationsprinzip einzuführen. Die Arbeiten auf Papier werden künftig kontinuierlich ausgewechselt. Dass sie in der Vergangenheit länger hingen als üblich, ist wahr, aber unter den konservatorisch gängigen Bedingungen. Zerstört ist nichts.
Dass Beuys genauso an den Niederrhein gehört wie nach Düsseldorf, wo mancher den Kunstakademie-Professor gerne komplett angesiedelt sehen würde, steht für Sie außer Frage?
Paust:Moyland ist das Beuys-Zentrum und unser Archiv ist ein Magnet für alle, die über Beuys arbeiten. Beuys ist hier am Niederrhein aufgewachsen, die Zeit und die Erfahrungen haben sein Werk, vor allem sein Frühwerk geprägt. Wir hören das auch von Gästen: Wenn man diese Landschaft erlebt, kann man auch einen weiteren Zugang zu Beuys finden. Unser Vorteil ist zudem, dass wir die frühen Arbeiten haben, die für den ungeübten Betrachter zugänglicher sind.
Die neue Ausstellung „Beuys: Energieplan” widmet sich diesem Frühwerk .
Paust:Es gab noch nie eine Ausstellung, die Beuys’ Begriff des Energieplans thematisiert und umgesetzt hat. Daran sieht man eben auch, was für einen grandiosen Fundus wir haben. Wir zeigen anhand von 200 frühen Zeichnungen, dass die Vorstellung eines Energieplans das Rückgrat des Beuys-Werkes bildet. Auf Beuys’ Zeichnungen taucht der Begriff in den 60ern auf, 1965 konkret bei einer Aktion in Wuppertal, dann schließlich für seiner ersten Amerika-Reise: „Energy Plan for the Western Man”. Später weitet Beuys das Thema aus in geistige sowie in soziale Energie.
2011 wird auch die ständige Sammlung im innenarchitektonisch überarbeiteten Schlossgebäude neu präsentiert. Was ändert sich?
Paust:Bislang war der Sammler-Blick ausschlaggebend. Unsere Aufgabe ist es, die Bestände kunsthistorisch zu betrachten. Wir wollen die Besonderheit dieser individuell zusammengesetzten Sammlung z.B. mit ihren Schwerpunkten in Fotografie und vor allem Grafik deutlich machen. Und wir werden beweisen, was manche gerne anders gesehen hätten: Beuys ist kein Fremdkörper, Beuys ist das Gravitationszentrum dieser Sammlung.
Künstler-Witwe Eva Beuys boykottiert die Stiftung Moyland derweil mithilfe ihres Anwalts Gerhard Pfennig und der von ihm geleiteten VG Bild-Kunst. So dürfen Sie beispielsweise seit Monaten keine Werke von Beuys mehr auf Druckmaterialien abbilden
Paust:Auch der Katalog zur Ausstellung darf nur im Rahmen der sogenannten Schrankenregelung verkauft werden. Das heißt: Er darf nur für die Zeit der Ausstellung im Museum vertrieben werden und nicht im Buchhandel. Dabei haben wir den Katalog sogar zweisprachig konzipiert, uns ist wichtig, dass Beuys auch international größere Aufmerksamkeit bekommt. Aber man versucht uns immer wieder, Steine in den Weg zu legen.
Wäre Moyland ohne Beuys denkbar?
Paust:Nein, keineswegs. Wir zeigen die van der Grinten-Sammlung, und Beuys ist der Kern dieser Sammlung.