Haldern..
Das Haldern-Pop-Festival ist für die Bands immer wieder ein Sprungbrett nach ganz oben. Paradebeispiel ist die britische Folkband „Mumford & Sons“: von Haldern in die Charts und wieder zurück.
Es ist eine der typischen Haldern-Geschichten. Als die britische Folkband „Mumford & Sons“ 2009 auf dem Haldern Pop-Festival in Rees im Spiegelzelt gastierte, kannte sie niemand. Nach dem überraschenden Erfolg des Albums „Sigh No More“ und der Single „Little Lion Man“ steckt das Quartett um den britischen Sänger Marcus Mumford jetzt in allen Gehörgängen. Die Briten haben es auch 2010 geschafft, sich mit Banjo, Akkordeon und Kontrabass in die Charts zu spielen. Jetzt kehrten die Vorboten einer neuen Folk-Bewegung zurück an die niederrheinischen Wurzeln.
„Beim Haldern Pop im vergangenen Jahr haben wir zum ersten Mal richtig gemerkt, was in unserer Band steckt“, erklärt Sänger Marcus Mumford. „Deshalb wollten wir unbedingt dorthin zurück und auf der großen Bühne spielen.“ Da passte ihr hymnischer Folk-Rock, neuerdings live verstärkt um einen Schlagzeuger, auch hin. Von der Protestattitüde der frühen sechziger Jahre sind die vier Briten allerdings ebenso weit entfernt wie vom whiskyseligen Besoffski-Folk der „Pogues“. Sie erinnern lyrisch eher an den längst vergessenen Donovan.
Die jungen Männer, alle Anfang bis Mitte Zwanzig, steigern während des Konzerts ständig Tempo und Lautstärke und enden beinahe in einer gigantischen Rückkopplungsorgie. Huch, so viel Lärm hatte man dem sonst so leisetretenden Herrn Mumford gar nicht zugetraut. Mit der Rückbesinnung auf alte Folk-Werte sind „Mumford & Sons“ nicht allein. Bereits in den vergangenen Jahren waren die „Fleet Foxes“ und Bon Iver auf dem Reeser Reithof zu Gast. Mit den großartigen „Low Anthem“ und den „Villagers“ um den jungen Conor J. O’Brien standen in Haldern gleich mehrere seelenverwandte Musiker samt Mumford-Freundin Laura Marling im Rampenlicht.
Im nächsten Jahr dürften Mumford und seine Söhne wohl eine Nummer zu groß fürs Haldern Pop sein. Aber so ist es vorher auch schon Travis, Mando Diao, Franz Ferdinand und den Kaiser Chiefs ergangen, die sich am Niederrhein ihre ersten Festival-Meriten in Deutschland verdienten und nun eher auf den Großkundgebungen der Branche zu erleben sind.
Auch mit Überraschungen konnte die 27. Auflage von Haldern Pop dienen. Eliot Pauline Sumner alias „I blame Coco“ gehörte allerdings nicht dazu. Ihr kieksender Kleinmädchenpop war längst noch nicht festivalreif, auch wenn die 20-Jährige mit weit aufgerissenen Augen, Schmollmund, Hot Pants und einer Wodka-Pulle in der linken Hand den Lolita-Charme perfekt drauf hat. Was dazu wohl der Herr Papa sagen mag? Das ist immerhin Police-Chef Sting. Künstlerisch schon viel weiter ist die fast gleichaltrige Roxanne Tataei, kurz Rox genannt. Die junge Frau aus Süd-London mit jamaika-iranischen Wurzeln begeisterte mit elegantem Soul-Pop, sachten Reggae- und Jazz-Anflügen. Klangfarben, für die Haldern Pop nicht unbedingt berühmt ist. Aber vor Überraschungen war man am Niederrhein noch nie gefeit.
Dass Haldern die Kleinen zu Großen macht, ist längst die Regel. Aber solange sich Haldern Pop mit niederrheinischem Starrsinn weigert, selbst weiter zu wachsen, werden sich diese wunderbaren Entdeckungsgeschichten wiederholen. „Wir werden auch 2011 nicht mehr als 5000 Zuschauer auf den Reithof lassen“, sagte der künstlerische Leiter Stefan Reichmann während des Festivals. Auch wenn – wie in diesem Jahr – alle Tickets schnell ausverkauft sind.