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„Dietrich und Maria“, hat Leonard Bernstein einmal auf die Frage nach seinen Lieblingssängern geantwortet. Maria, das war die auf dem Drahtseil vokaler Hysterie balancierende Callas. Dietrich, das war ihr Gegenteil: Fischer-Dieskau, ein kontrollierter Deutscher, intellektuell, äußerst zurückhaltend.

Man sagt, dass Dietrich Fischer-Dieskau, der am 28. Mai 85 wird, den ersten Lehrer, dem er vorsang, zu Tränen gerührt haben soll. Er hörte eine Baritonstimme, in der nichts kraftmeierte, in der alles so selbstverständlich zu fließen verstand, dazu war sie von einer „Schönheit, dass alles wie zum Beten hinpilgert“, wie Christa Ludwig neidlos gesagt hat. Es ist keine Übertreibung, Dietrich Fischer-Dieskau d e n Kunstlied-Interpreten des 20. Jahrhunderts zu nennen. Er hat ein Tor aufgestoßen. Fischer-Dieskau bewies, vor allem in Schuberts „Winterreise“, dass tiefe Reflexion und ein unmittelbar anrührenden Ton sich nicht ausschlossen. Er versöhnte Geist und Seele in vollendeter Musikalität. Umso ungerechter scheint die Kritik, die den Titanen als verkopften Analytiker sah: „Dr. h. c. Rigoletto“ nannte ein Kritiker sein Porträt von Verdis Narren. Hört man die alten Aufnahmen heute, bestehen sie mühelos.

Fischer-Dieskau wurde gefeiert von Covent Garden bis Bayreuth. Er schrieb Bücher, lehrte Schüler wie Matthias Görne und hörte mit dem Singen auf, als er es noch konnte. Er vermisst das Auftreten bis heute. Aber der Philosoph unter den Sängern weiß auch, dass es der Preis des Lebens ist: „Ich glaube, dass Altwerden hauptsächlich aus Verlusten besteht.“