Köln. .

Wäre der Mai nicht gerade so kühl und nass, man würde vielleicht vorm Museum stehen und mit Max Slevogt seufzen: „Heute will ich nicht. Heute ist’s viel zu schön!”

Aber der Himmel ist grau, die Temperaturen sind im Keller, und im Wallraf-Richartz-Museum lockt der Walchensee in strahlendem Azurblau, lädt der Strand von Noordwijk zum Seh-Gang, und die schattige Weinlaube auf Neukastel scheint auf neue Gäste nur zu warten. „Landschaften” hat der Kurator Götz Czymmek knapp seine Impressionisten-Schau betitelt. Kein großer theoretischer Überbau, keine Neuschreibung der Kunstgeschichte, sondern einfach nur flirrende Farbe, pure Augenlust und die drei großen deutschen Protagonisten: Liebermann, Corinth, Slevogt.

Lange waren sie nicht mehr so gefragt, die deutschen Grandseigneurs der Lichtmalerei. Eben erst hat sie die Bielefelder Kunsthalle groß in Szene gesetzt und aus dem übermächtigen Schatten der Franzosen herausbugsiert. Und wer vergangenen Sommer die „Berliner Impressionisten“ in Dortmund besuchte, wird einige Leihgaben der Berliner Nationalgalerie wiedererkennen. Liebermanns „Gartenlokal“ an der Havel“ bespielsweise. In Köln nun konzentriert sich die glanzvolle Wiederentdeckung des deutschen Impressionismus ganz auf die Landschaft. Das fraglos wirkungsvollste Sujet des Impressionismus, das von den Malern allerdings nur punktuell bedient wurde. Auftragsgemäß „gearbeitet“ wurde vorrangig an Portraits und Historienstücken. Der Landschaft widmete man sich auf Reisen. Und später, als das Alter seinen Tribut forderte, dem heimischen Gartenreich. So lädt das Wallraf-Richartz-Museum mit mehr als 90 Bildern zu einer stimmungsvollen Betrachtung deutscher Fern- und Fenstermalerei, mit verschwenderischen Panoramen und immer freier werdenden Farbempfinden. Die Schau verfolgt den Weg vom Naturalismus zum Impressionismus und darüber hinaus.

„An der Landschaft sieht man, was ein Maler als Künstler wert ist. Landschaftsmalerei ist die schwerste Kunst“, schreibt Max Liebermann, als die Leinwand-Panoramen vielen noch als nachrangig gelten. Doch der Berliner Secessions-Künstler sucht nach neuen Wegen und Inspirationen. Er findet sie nicht zuvorderst in Paris, sondern in den Niederlanden. „Und wie das Land, so seine Leute: nichts Lautes, keine Pose oder Phrase.“ Liebermann begeistert sich für die kultivierte Landschaft, die schattigen Innenhöfe. Als der Erste Weltkrieg kommt, zieht er sich an den Wannsee zurück und vertieft sich dort fast obsessiv in die heimischen Blumenrabatten. So wie Monet seinen Garten in Giverny mit zahllosen Seerosenbildern verewigt, erfasst auch Liebermann vor seinem Tod jede Lindenhochhecke, jeden Strauch mit dem Pinsel. Ein blühendes Idyll unter stets wolkenlosem Himmel.

Auch Max Slevogt malt seine geliebte Pfalzlandschaft am liebsten im milden Nachmittagslicht. Er lässt sich vom schlichten Lichtwunder der heimischen Gartentreppe verzaubern und sucht doch „Neues, Fremdes, Wunderbares“ in der Libyschen Wüste. Er malt Kamele und endlose Sandlandschaften „Aber für mich steckt doch in keiner so viel drin wie in einem Stück vor meinem Fenster“.

Lovis Corinth schließlich findet sein vertrautes Motiv am Walchensee, das in den 1920ern immer mehr zum impulsiven Stimmungsbild statt zur Landschaftsaufnahme gerät. Es ist der Endpunkt der impressionistischen Weltsicht. Für viele wird die deutsche Kunst erst mit dem Expressionismus interessant, auch in Amerika. Das soll sich ändern. Nach Köln geht die Landschafts-Schau nach Texas. Houston, bitte kommen!