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Lässt sich Fernseherfahrung in gedrucktes Wort verwandeln? Die Autoren Tommy Jaud - „Hummeldumm“ - und David Safier - „Plötzlich Shakespeare“ - sind merklich fernseherfahren und orientieren sich an den audiovisuellen Medien.

Inmitten all der Internatsvampire und Serienmörder, die die Bestsellerlisten derzeit in blutigem Griff halten, behaupten sich zwei äußerst unterschiedliche Komödien aus deutscher Feder: „Hummeldumm“ von Tommy Jaud und „Plötzlich Shakespeare“ von David Safier. Ihnen ist eines gemein: Ihre Autoren sind merklich fernseherfahren, auch wenn sie unterschiedliche Genres bedienen. Was aber die Frage beantwortet, ob sich Fernsehunterhaltung in gedrucktes Wort verwandeln lässt.

Tommy Jaud („Vollidiot“, „Millionär“) gelingt dies, indem er schon auf der ersten Seite den Ton deutscher Sitcoms à la „Pastewka“ anschlägt – und ihn bis zur letzten Silbe nicht verlässt. Von der angesäuerten Misanthropie seines Ich-Erzählers Matze, der bei einer Namibia-Rundreise mit seiner Freundin Sina der einzig Vernünftige in einer Gruppe von Grotesktouristen zu sein scheint. „Mit so einer Truppe fährt man nicht durch Afrika. Mit so einer Truppe dreht man eine Dokusoap für RTL2!“ Da hat er recht, der Matze. Zumal ihn in Namibia nichts anderes umtreibt, als einen Stromadapater zu finden, um sein Handy aufzuladen. Während seine Freundin Ikea-Prospekte für die neue Wohnung mit Rheinblick wälzt. Ein Paar wie das Abziehbild des deutschen Urlaubers. Was Sina nicht weiß: Matze muss ganz dringend telefonieren, weil er vergessen hat, die Reservierungsgebühr für die Traumwohnung zu überweisen und es Sina nicht beichten kann.

So kommt es in vorhersehbaren Eskalationsstufen zu immer neuen, peinlichen Abstrusitäten – wobei die Pointen mit gutem Timing geliefert werden, aber oft an ihrer eigenen Peinlichkeit ersticken. Als Running-Gag dient Jaud der namibische Reiseführer, in dessen Sprachschatz stets „a bikkie“ „geplanscht“, „gelatscht“ und „rumgehupft“ wird. Über 300 Seiten wird das „a bikkie“ viel, besonders, wenn sich zwischen liebestollen Warzenschweinen und totgetrampelten Erdmännchen das Hirn des Lesers unerwartet wieder einschaltet.

Da kommt David Safiers „Plötzlich Shakespeare“ ungleich subtiler daher. Auch wenn er mit der Geschichte der liebeskranken Grundschullehrerin Rosa, die nach einer Seelenwanderung im jungen Körper des größten Dramatikers Englands steckt, ein klassisches „Solo für zwei“ hinlegt. Was sie von Shakespeare hält? „Na ja, immerhin besser als Kafka.“

Was uns im elisabethanischen Königreich erwartet, mag man kaum eine Überraschung nennen, doch resultieren allein aus den Missverständnissen zwischen moderner Frau und spätmittelalterlichem Mann eine Reihe herzerfrischend komischer Situationen – zwischen derben Sitten damals und moderner Verklemmtheit. Die Eitelkeit des Dichters ist herzerfrischend, wenn er die neue Mitbewohnerin seines Oberstübchens ein wenig nach ihrer Herkunft ausfragt: „Was reden denn die Leute in Wuppertal so über mich?“

„Manieren
wie ein B-Promi“

Man merkt auch Safier an, dass er den gemeinsamen Nenner bei Film und Fernsehen sucht. Er setzt voraus, dass seine Leser Severus Snape ebenso kennen wie Bruce Darnell, unterstellt manchen Figuren „Manieren wie ein B-Promi“. Im letzten Kniff wechselt er schließlich auch noch das Genre: Aus der Komödie wird eine Mischung von Liebesschnulze und Mantel- und Degengeschichte. Ganz kalkuliert. Aber für einen abendfüllenden Fernsehfilm würde es locker reichen. Was man von Jauds Touristenabenteuern nicht gerade behaupten kann – auch wenn sie in den Bestsellerlisten zurzeit die besseren Einschaltquoten haben.