Oberhausen.

Von Volksgärten und Kaiserparks. Das Schloss Oberhausen zeigt mit „Zwischen Kappes und Zypressen“ an über 140 Exponaten die Geschichte der Revierparks vom Barock bis zur Reformbewegung.

Plötzlich schossen die Kaisergärten und Kaiser-Wilhelm-Parks wie Pilze aus dem Boden. Uberall zwischen Duisburg und Dortmund, dessen „Kaiser-Wilhelm-Hain“ bis heute überlebt hat – als Westfalenpark. Und es wird nicht die Verehrung für Wilhelm II. und seine Vorfahren allein gewesen sein, die solche Blüten trieb. Im Namen des Kaisers konnte man an der Wende zum 20. Jahrhundert nämlich auch die stetig schrumpfenden, immer teurer werdenden Grünflächen in den explosionsartig wachsenden Städten des Reviers leichter schützen – Industrie und Wohnungsbau fraßen Hektar um Hektar.

Da gab es in Bochum und Essen schon längst Stadtgärten, und es waren die Bürger, die diese sprichwörtlichen grünen Lungen im qualm- und kohlenstaubgrauen Ruhrgebiet haben wollten. So stehen die großen Parks des Reviers, anders als anderswo, eben nicht in einer adelig-feudalen Tradition. Dabei gab es, ganz zu Beginn, durchaus das Schloss Herten mit einem hochgezüchteten Garten als Bühne Festkultur und blaublütiges Schaulaufen. Oder den allerletzten Garten des Spätbarock im Park von Schloss Borbeck bei Essen. Aber der Sturm der Industrialisierung ließ von diesem abgezirkelten Prunk in Grün nicht viel übrig, das 19. Jahrhundert wollte „englische“ Gärten, geformte Landschaften, die möglichst natürlich wirken sollten.
Derweil ließ Carl Friedrich Gethmann oberhalb der Ruhr, im Schatten der Burg Blankenstein bei Hattingen als erster Industrieller einen großen Garten anlegen, der für jedermann zugänglich war. Ein anderer Vorreiter war die Firma Jacobi, Haniel & Huyssen, die 1846 mit der Siedlung Eisenheim bei Sterkrade die erste Arbeiterkolonie einrichtete und damit die für das Ruhrgebiet so typische Baugattung der Gartenstadt begründete.

„Zwischen Kappes und Zypressen“

Von den Gärten der Bergleute, der Arbeiter aber, die zur Selbstversorgung zu dienen hatten und nicht dem Lustwandeln, ist in der neuen Ausstellung der Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen nicht die Rede. Anders als der Titel „Zwischen Kappes und Zypressen“ suggeriert, geht es um die großen Parks und Volksgärten, deren Geschichte mit einer Vielzahl von Gartenbauplänen veranschaulicht wird, vom Haus Bodelschwingh in Dortmund bis zu den Entwürfen für den Oberhausener Kaisergarten.

Der liegt – als größtes Exponat der Ausstellung sozusagen – draußen vor der Tür. Er wird derzeit ökologisch und gestalterisch umgekrempelt – nach Plänen der Essener Landschaftsarchitekten Davids, Terfrüchte & Partner , die im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Landschaftsarchitekturpreis ausgezeichnet wurden. Zudem soll der Kaiserpark mit der künftig renaturierten Emscheraue jenseits des Rhein-Herne-Kanals verbunden werden, mit einer spektakulären Brücke nach Entwürfen des Künstlers Tobias Rehberger. Auch damit „soll die Emscherregion vom Hinterhof zum Vorgarten des Ruhrgebiets werden“, sagte Jochen Stemplewski, Chef der federführenden Emschergenossenschaft.

Vor- und andere schöne Gärten bietet die Ausstellung der Ludwiggalerie ganz oben unterm Dach, wenn man den echten, riesengroßen Malocher-Gartenzwerg aus Zinkguss hinter sich gelassen hat. Dort verströmt Heinrich Vogelers „Sommergarten“ die buntesten Farben, dort wimmelt ein „Spielplatz im Friedrichshain“ vor Menschen und Eugéne Klinckenbergs „Sommerfrische“ flirrt vor Sonnenlicht und Obstgenuss. Und dass nicht alles Idyll ist, was Garten heißt, zeigt Max Klingers herrliche Grafik „In flagranti“ von 1883: Der Ehemann posiert mit rauchendem Gewehrlauf am Fenster, die untreue Gattin schlägt die Hände am Kopf zusammen und der Liebhaber liegt darniedergestreckt – auf der Gartentreppe.