Dortmund. .
Bad Religion gelten als die Protagonisten des melodischen Spaßpunks. Im Dortmunder FZW setzten sie sozialkritische und philosophische Texte mit akademischem Verstand in die Punkrock-Praxis um.
Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben. Nur musste man, um das festzustellen, im ausverkauften FZW mal kurz die Augen schließen. Stimme und Stimmung sind nach wie vor ein Kracher, aber äußerlich sieht man Greg Graffin das 30-jährige Bandbestehen durchaus an. Das Haupthaar: nicht mehr vollständig; die Hüften: ein Ansatz ist zu erkennen; die Bewegungsabläufe: solide, mehr nicht. Drei Jahrzehnte sind Bad Religion nun schon unterwegs. Eine nicht unerhebliche Epoche in diesem Rock-Geschäft, in dem sich viele Zeitgenossen ein Leben lang hauptsächlich von Bier und Bässen ernährt haben. Entsprechend kurz war deren Lebenszeit.
Bad Religion sind anders, denn ihre Leitfigur ist anders. Greg Graffin benimmt sich nicht daneben, wirkt nicht primitiv oder anstößig. Er sieht so solide aus wie ein Hochschuldozent, und das ist gar nicht unpassend, denn er ist ja einer. Der 45-Jährige ist promovierter Evolutionsbiologe. Hinter den sozialkritischen und philosophischen Texten der Bad-Religion-Songs steckt akademischer Verstand.
Pure Punkrock-Praxis
Soweit die Theorie. Dieses Konzert war aber die pure Punkrock-Praxis. Die Herren aus Los Angeles gelten nicht umsonst als Protagonisten des melodischen Spaßpunks. Sehr publikumsfreundlich und spielfreudig: In den 90 Konzertminuten fackelten sie einen Kracher nach dem nächsten ab. Da dauerten die wenigsten Titel länger als zwei Minuten. Wenn man nur mal kurz mit den Wimpern zuckte, konnte man als Zuschauer unter Umständen schon ein ganzes Lied verpasst haben.
Bad Religion nutzten die Zeit optimal für eine Reise durch ihre Bandgeschichte, „Along the way“ tauchte darin auf, als Zugabe der sehnlich erwartete „Punk Rock Song“ oder auch Klassiker wie „Los Angeles is burning“.
„Dortmund ist wie eine zweite Heimat für uns“, rief Sänger Greg Graffin und übertrieb natürlich. Was aber stimmt, ist, dass Bad Religion seit Jahrzehnten in Deutschland gern gesehen und gefeiert werden.
Man überlegt, wie Graffin als Dozent an der Uni auftritt. Wenn er es in seinen Vorlesungen ähnlich krachen lässt wie auf der Bühne, dürften die Studenten in den Hörsälen wohl auf die Bänke steigen und grölen. Er wird es also vermutlich nicht tun.