Oberhausen.

Ein Kultur-Spaziergang durch Oberhausen. Wo einst Grubenpferde unter Tage ackerten und Eisen geschmolzen wurde, atmet das „schräge O“ heute Kultur, nicht nur vom Feinsten, auch vom Kleinsten.

„Ungefrühstückt gehst du mir nicht aus dem Haus!“ Das sind so Mutters Mahnungen. „Ungefrühstückt“ ist Ruhrgebiet zum Anbeißen, dem Kumpel seine Sprache. Der ist dort, wo sie gerade gelandet sind, geboren worden – hier bei uns, in Oberhausen. „Wiege der Ruhrindustrie“ – Kohlenstaub und Hochofenabstich von gestern. Wo einst Grubenpferde unter Tage ackerten und Eisen geschmolzen wurde, atmet das „schräge O“ heute Kultur, nicht nur vom Feinsten, auch vom Kleinsten. Aber nicht ungefrühstückt.

In den Eingang des Kaisergartens ist das Schloss Oberhausen gebaut, schweinchenrosa getüncht, Herberge der Ludwig Galerie. Bevor es entlang der größten Sammlung der Kunst aus der ehemaligen DDR oder hinreißender Exponate der Garten und Park-Landschaft Ruhrgebiet geht, wird in der eingebundenen Gastronomie dem „ungefrühstückt“ das „un“ abgebissen.

Der älteste Einzelhändler „Hänschen Schmitz“

Nicht auszuschließen, dass man beim Blick auf eine Plastik des amerikanischen Kultkünstlers Keith Haring dabei einem beinahe 130 Kilo schweren Kulturgut der besonderen Art begegnet, Oberhausens ältestem Einzelhändler „Hänschen Schmitz“, der mit mehr als 84 schwergewichtigen Lebensjahren die gut 120-jährige Feinkost- und vor allem Fischtradition des Hauses pflegt. Vormerken für den Mittagstisch, der Patron macht täglich seine Runde.

Erst einmal aber die wahre Wiege der Ruhrindustrie, die Antony-Hütte in Klosterhardt, vor mehr als 260 Jahren in fachwerkliche Anmut gebaut dokumentiert sie heute den um die Hütte der Guten Hoffnung aufgekeimten Ursprung der Industrieregion. Ein Kleinod, oft ist man ganz für sich zwischen den lebendigen Erinnerungsstücken. Ein paar Schritte weiter nur – heute das exquisite Best Western Parkhotel „Zur Bockmühle“ – ist Zeit für einen stärkenden Drink. Vielleicht erzählt Seniorchef Paul Wischermann davon, wie sich hier vor mehr als 320 Jahren vorbeireisende Ordensschwestern und Händler in der Schankwirtschaft seiner Urahnen labten.

Von dort aus geht es mit dem Bus – das fein abgestimmte ÖPNV-Netz macht das Auto überflüssig – bis zum Hauptbahnhof. Wie dereinst im Wilden Westen ist Oberhausen seit der Gründung der Köln-Mindener Eisenbahn um einen Bahnhof gewachsen. Mit etwas Glück kommen Sie in den Wasserturm, heute ein gelegentlich kulturell bespielter Ort, etwa von den Kurzfilmtagen, seit 56 Jahren das weltweit wichtigste Forum für „Shorties“. Hänschen Schmitz nicht vergessen an der Marktstraße, kein Frühstück hält ewig! Und: Nicht den Chef fragen was besonders gut ist, dem schmeckt immer alles wunderbar.

Verdauungsspaziergang zur Hansastraße, 15 Minuten: Zentrale des Rheinischen Industriemuseums in der ehemaligen Zinkfabrik. Hier paaren sich Kolosse der Schwerindustrie mit einem Bürgerzentrum, hier hatten die „Missfits“ ihre ersten Auftritte.

Statt Matta und Lisbeth dröhnt jetzt ein monumentaler Dampfhammer, der Hauptdarsteller auf dieser besonderen Bühne der Historie. Apropos Bühne, gleich zwei renommierte finden Sie Seite an Seite im Rathausviertel. Das Ebertbad, ein Kleinkunsttempel in Oberhausens dereinst ältestem Hallenbad, und das Theater, überregional anerkanntes Schauspiel, Dinge für einen Abend, wenn Sie wieder mal gerade in Oberhausen aus dem Zug steigen.

Jetzt aber stehen Sie erst einmal vor der Wahl. Wo lasse ich die etwas andere Kulturreise am Abend ausklingen, die mal nicht zum Gasometer führt? Polnische Kulturkneipe mit Jazz und bildender Kunst: im Gdanska am Altmarkt. Oder die Fabrik K 14, einen Steinwurf entfernt an der Lothringer Straße, das älteste soziokulturelle Zentrum in Deutschland. Oder im Bootshaus des Rudervereines am Rhein-Herne-Kanal, das Hajo Sommers bewirtschaftet, Kulturbademeister im Ebertbad und Dauerverlobter von Ex-Missfit Gerburg Jahnke. Köpi im Liegestuhl und Plausch mit Schauspielern beim Blick auf die Wasserstraße. An Gesprächen über die kleinen Kulturschätze Oberhausens kommen Sie nirgends vorbei. Notfalls gibt es Hotels im Umfeld. Zwei Tage sind eh besser.