Essen.

Über zwei Jahre hat der Umbau gedauert, das Baujuwel ist mit großem Aufwand zurückerobert worden. Nun zeigt sich die Alte Synagoge in Essens Stadtmitte als glanzvolle Architektur. Und als „Haus der jüdischen Kultur“, das allen offensteht.

Wer in den letzten Jahren nach Essen kam, Deutschlands letzten freistehenden Synagogenbau (und einen der schönsten dazu) zu sehen, musste sich mit der Außenfassade begnügen. Nun stößt das Haus an der Schützenbahn seine Türen weit auf – eine Weite, die als Leitmotiv gelten kann und als Durchbruch, nicht nur der 100 Kubikmeter abgebrochenen Betons wegen.

„Das Stichwort heißt Offenheit”, wünscht Edna Brocke dem Haus, seinen Besuchern und beider gemeinsamer Zukunft. Die langjährige Leiterin der Alten Synagoge eröffnet heute ein „Haus jüdischer Kultur”, in dem „alles ineinander greift”. „Mehr als eine Religion“ – gibt sie als Motto aus. Sei das gelebte Judentum doch nicht allein Thora und Purim. Den jüdischen „Way of Life” nennt Edna Brocke das. Ja, sie wisse, dass das kein deutsches Wort sei, „aber wir fanden einfach keinen besseren Begriff dafür”. Way of Life – kaum erschöpflicher Kosmos aus geistigen Welten, globalen (Über-)Lebensformen und viel Humor. „Man soll bei uns auch schmunzeln, vielleicht sogar lachen.”

Ein Ort des Staunens

Das Lachen mag kommen - nach dem Staunen. Staunen, weil drinnen ein lebensfroher Apricot-Ton flächendeckend die alte blaugraue Düsternis im Kuppelraum abgelöst hat; das Löwenmosaik („Wisse, vor wem du stehst“) strahlt schöner denn je. Staunen, weil fast 100 Jahre nach der Errichtung hier auch eine Verneigung vor Edmund Körners Meisterarchitektur greifbar wird (der neugestaltete große Vorplatz trägt bald seinen Namen). Staunen, weil das neue Konzept der Begegnung mit jüdischen Lebenswelten in Jürg Steiners Dauerausstellung so unverkrampft daherkommt, dass mehr Neugier als Betroffenheit die Folge ist.

Edna Brocke ist froh darüber: Ein „Angebot im Plural” wolle man sein. Da hat neben Erinnerung an den Terror der Vernichtung eben auch eine jüdische Kino-Klamotte mit Ben Stiller Platz. Da gleitet auf 2000 Ausstellungsquadratmetern unterm wieder frei zugänglichen Zwischengeschoss koscheres Essen am Laufband vorbei. Ein „Multi-Touch-Screen” bittet Jugendliche zur Weltreise und das stolze Tonnengewölbe zeigt in 90 wechselnden Lichtpunkten historische Augen-Blicke aus der Geschichte des Hauses.

Mit großem Aufwand

Essens wiedergewonnenes Baujuwel mitten in der Stadt ist mit großem Aufwand zurückerobert worden. Bau und Ausstellung kosteten fast 7,8 Millionen Euro. 80 Prozent trug das Land, starke Mäzene kamen dazu, Heinz-Horst Deichmann etwa oder die Anneliese Brost-Stiftung.

Interessierten Besuchern sei indes zu ein bisschen Geduld geraten – am Montag handwerkelte es im prachtvoll tageslichtdurchfluteten Bau noch mehr als ein wenig.