Köln. .

Eine Sommerschau zum Farbenschwelgen und Formenstaunen: Das Kölner Museum Ludwig zeigt den Pop-Art-Künster Roy Lichtenstein und seine Auseinandersetzung mit der klassischen Moderne durch Aneignung.

Roy Lichtenstein, das ist natürlich Donald Duck und Mickey Mouse oder die blonde Groschenheftchen-Venus namens „M-Maybe“, die sie im Museum Ludwig längst als „Kölsche Mona Lisa“ verehren. Roy Lichtenstein, das ist aber auch die versammelte Kunstgeschichte in knallig-farbigen Rasterpunkten. Denn dass sich der amerikanische Pop-Art-Meister nicht nur in der Comic- und Konsumwelt, sondern auch bei den großen Meistern fleißig bedient hat, das führt das Museum Ludwig vergnüglich vor Augen.

Roy Lichtenstein. Kunst als Motiv“, das steht für den augenzwinkernden Umgang mit Kunst-Klischees, für das unbekümmerte Malen nach Vorlage, für die Begegnung mit bekannten Motiven und ihren berühmten Urhebern, von Picasso bis Matisse, von Dali bis Monet. Die Lichtenstein-Variante von Monets „Kathe­drale von Rouen“ ist nur eine frühe Erwerbung von Irene und Peter Ludwig, die mit dieser Schau auch ihre famose, 15 Lichtenstein-Gemälde und Skulpturen umfassende Pop-Art-Auswahl präsentieren, die größte amerikanischer Sammlung außerhalb der USA.

Aus dem Pathos wird Pop

Die mächtigen „Brush­strokes“ gehören dazu wie die jüngste Erwerbung, das asiatisch angehauchte Spätwerk „Tall Mountains“ von 1996. Rund 100 Werke bestücken eine Sommerschau mit dickem Segeltau und fröhlichen Signalfarben, mit riesigen Formaten und kräftigem Pinselschwung. Und doch soll man unter der wie immer makellosen, verführerisch glänzenden Oberfläche den -- so Museumschef Kasper König -- „ironischen, reflektierten und ungemein intelligenten“ Künstler erkennen, der sich am Anfang seiner Karriere die Frage aller Kunstfragen stellt: Was kommt nach all den Ismen, nach Expressinismus, nach Abstraktion?

Lichtenstein malt anfangs altmeisterlich, sein düsteres Selbstporträt mit Melone (1951) überrascht ebenso wie die Interpretation von Emanuel Leutzes Historienbild „Washington überquert den Delaware“, ein kurioses Geisterschiff mit Maskenfiguren. Doch bald wird aus dem heroischen Pathos Pop, als Lichtenstein beschließt, dass man sich von den Vorbildern nur befreien kann, indem man sie beherzt verarbeitet: „Ein Werk zu malen, das eindeutig einem Picasso ähnelt, war ein Befreiungsschlag.“

Lichtensteins Modernissierung kennt keine Stilschranken

Und Lichtenstein befreit sich gründlich, malt Cezanne-Portraits, wie er zuvor seine Pin-ups gemalt hat, und Stillleben, die sich nach Lichtenstein-Manier auf das Wesentliche konzentrieren: kräftige Farbflächen, schwarze Konturlinien, Rasterpunkte.

Seine Modernisierung der Meisterwerke kennt keine Stil-Schranken, er sieht sich bei den Kubisten wie bei den Surrealisten um, er bringt van Goghs „Zimmer des Künstlers in Arles“ auf XXL-Format und lässt Matisses berühmten Tanz, längst Postermotiv, noch plakativer wirken.

So trifft die europäische Moderne auf den American Way of Life, finden sich der große künstlerische Ernst und die spielerische Ironie. Den Plagiatsvorwurf kontert Lichtenstein damals lässig, sein Ansinnen sei es ja, „ein älteres Werk nach meinem ganz persönlichen Stil neu zu interpretieren“, erklärt er. Zeitsparend sei das ohnehin nicht, Denn obwohl seine Rouen-Kathe­drale aus Rasterpunkten aussähe, „als wäre sie mit der Maschine gemalt“, so Lichtenstein, brauche ich wahrscheinlich zehnmal länger wie Monet für seine Bilder.“