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Hanni heißt die eine, Nanni nennt sich ihre Zwillingsschwester. Mädchen haben ihre Abenteuer in den 1970er und 1980er Jahren verschlungen und bedauert, dass es nur so wenige davon gab. 40 Jahre später gibt es die Zwillinge immer noch. Neuerdings sogar im Kino.
„Ja”, bestätigt eine Sprecherin des Schneider-Verlages, „das Interesse an Hanni und Nanni ist nie abgerissen in den letzten 45 Jahren.” Rund 14 Millionen Bücher mit ihren Geschichten wurden seit 1965 in Deutschland verkauft. In den letzten Wochen nimmt das Interesse an den bisher 27 Bänden sogar wieder zu. „Zum Filmstart hat die Nachfrage angezogen”, heißt es bei Schneider.
Woher das lang anhaltende Interesse stammt, weiß niemand so genau. Enid Blyton, literarische Mutter der Zwillinge, steht jedenfalls bereits seit den 1950er Jahren in der Kritik. „Triviale Massenproduktionen” nennt man ihre Werke. Letzteres ist nicht einmal falsch. Denn die Engländerin schrieb wie eine Besessene. In Spitzenzeiten bis zu 15 000 Wörter am Tag. Wodurch eine „Hanni und Nanni“- oder „Fünf Freunde“-Geschichte nach gerade mal vier Tagen fertig war. Insgesamt hat sie über 750 Bücher und mehr als 10 000 Kurzgeschichten veröffentlicht. Die weltweite Auflage ihrer Werke liegt bei rund 600 Millionen.
„Kritik von Menschen, die älter als zwölf Jahre alt sind, interessiert mich nicht”
So viel Erfolg muss Literaturkritikern zwangsläufig suspekt sein. Sie mäkeln gern über vorhersehbare Geschichten und eindimensionale Charaktere, die sich kaum weiterentwickeln. Später werfen sie Blyton sogar „Sexismus” vor, weil bei ihr immer nur Mädchen die Hausarbeit machen. Oder „Rassismus”, weil die Bösen häufig Angehörige ethnischer Minderheiten sind. Blyton bleibt bis zu ihrem Tod 1968 unbeeindruckt von solchen Vorwürfen. „Kritik von Menschen, die älter als zwölf Jahre alt sind, interessiert mich nicht”, hat sie stets gesagt.
Ihre Leserinnen wohl auch nicht. Wer heute mit Frauen zwischen 25 und 45 Jahren über „Hanni und Nanni“ spricht, sieht immer wieder in leuchtende Augen. Vom „Leben im Internat” wird geschwärmt, von „Mitternachtpartys”, und einer „heilen Welt”. Kurzum: Die Erinnerung ist schön. Für den Schneider-Verlag ist das ein Segen, denn: „Es sind die Mütter, die die Bücher für ihre Töchter kaufen”, sagt eine Verlagssprecherin.
Um beide nicht zu enttäuschen, hütet sich der Verlag davor, die Bücher, die seit Blytons Tod von verschiedenen Autorinnen geschrieben werden, großartig zu modernisieren. Zwar sind die Sätze kürzer und die Dialoge seltener geworden, weil sich die Lesekompetenz der Zielgruppe angeblich verschlechtert hat, ansonsten aber scheint die Zeit stehengeblieben zu sein in der Zwillingswelt. Noch immer wird in Telefonbüchern geblättert, statt im Internet die Nummer zu suchen. Und wenn angerufen wird, dann hat der Apparat eine Schnur. Genau wie der Schallplattenspieler, der im Internat Lindenhof noch immer nicht vom MP3-Player ersetzt worden ist. Nur in einem Punkt sind die seit Jahrzehnten nicht gealterten Mädchen im 21. Jahrhundert angekommen. Gezahlt wird bei auch Hanni & Nanni mittlerweile in Euro.