Essen.

Bislang war Wuppertal in Künstlerkreisen vor allem mit dem Namen Pina Bausch verbunden. Nun steht Wuppertal für die Angst vor dem Theatersterben. Mehr als 20 Theater beteiligen sich an den zweitägigen Protestaktionen, die am Freitag starten.

1,8 Milliarden Schulden hat Wuppertal angehäuft. Zwei Millionen Euro soll deshalb das Schauspielhaus einsparen. Viele deuten das als faktisches Aus für die Theaterkunst an der Wupper.

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Ein „Symbol für den drohenden Kulturabbau” wie Intendant Christian von Treskow befürchtet? Gestern kam die Hiobsbotschaft fürs Musiktheater Gelsenkirchen: eine Million Euro weniger ab 2013. Deshalb beteiligen sich mehr als 20 Theater an den zweitägigen Protestaktionen, die heute starten. Dazu gehören Kundgebungen und ein 24-stündiger Theater- und Musikmarathon im Schauspielhaus. Wie es weitergeht, wenn die Solidaradressen verklungen sind? Die NRZ stellte Fragen zur Zukunft der Stadttheater: Wie sieht die Theaterlandschaft des Ruhrgebiets in zehn Jahren aus? Was bedeutet ein Theater für die Bürger? Und: Haben die Theater ihre Sparpotenziale genug ausgeschöpft? Dazu vier Stimmen.


Werner Strenger, Ensemblemitglied des Schauspiels Essen: Schauspieler machen Mut und Lust auf den Menschen. Ohne alles Wirkliche stehen sie auf der Bühne. Alles um sie ist Behauptung, sie aber sind leibhaftig. Das macht denen Mut, die es sehen. Und auf die anderen. Mut und Lust tragen sie hinaus aus dem Theater zu denen, die es nicht gesehen haben. So bekommt eine ganze Stadt, eine ganze Region Lust auf sich selbst. Darauf will ich als Bewohner einer Stadt und als Steuerzahler nicht verzichten. Ich brauche es so nötig wie Schneeräumung, Kanalisation. Der Beutel, der Seife, Zahnbürste, Deo enthält, heißt auch Kulturbeutel. Nur im Stadttheater gedeiht der Mut und die Kraft, aus der sich welche hinstellen mit nichts als sich selbst, um zu sagen, hier lebe ich, mehr bin ich nicht und Du, ZuschauerIn, auch nicht, und das ist gut. Keiner wird so blöd sein, hier noch mehr sparen zu wollen. Schauen Sie doch, wie minimal die Kosten des Schauspiels sind, gemessen am Gesamthaushalt.

Fritz Behrens (SPD), Vorsitzender des Kulturausschusses im Landtag NRW: Ich vermutete, dass wir in den nächsten zehn Jahren in der Theaterlandschaft den Stand von heute etwa halten. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass man nach 2010 einfach weitermacht wie bisher. Die Kulturhauptstadt muss einen Impuls geben, hin zu mehr Kooperationen. Sonst fürchte ich, bekommen wir irgendwann einen Theater-Tod auf Raten.

Generell kommen wir auf Sicht an einer Gemeindefinanzreform nicht vorbei, die die Kommunen entlastet. Und wir müssen uns fragen, wie verpflichtend die Finanzierung der vermeintlichen freiwilligen Leistung Kultur ist. Was dann Verteilungskämpfe mit anderen Ressorts bedeuten. Ich glaube, es muss in punkto Finanzierung ein Umdenken auf allen Ebenen geben, vor allem beim Bund.

Norbert Ballhaus, SPD-Bürgermeister der Stadt Moers:

Ich glaube, dass es in zehn Jahren weniger Theater im Ruhrgebiet geben wird als heute, es wird zu Zusammenlegungen und Schließungen kommen. Wir werden am 10. Februar eine Liste mit Sparvorschlägen an die Politik geben, das geht durch alle Bereiche, Sport, Kultur, Soziales. Im Dezember habe ich gesagt, man müsse auch über das Theater nachdenken, und darauf erwartbare Reaktionen bekommen. Es gibt aber keine Tabuthemen. Natürlich ist das Schlosstheater ein Kleinod. Moers ohne Theater wäre schlimm. Schon das Gebäude stellt ein zentrales Kulturgut dar, es verkörpert die Geschichte der Grafschaft Moers. Unser Theater ist nicht einfach nur ein Stadttheater! Über diesen Satz sollen Essen und Dortmund ruhig sauer sein. Ich glaube aber nicht, dass das Theater bisher Sparpotenziale kreativ genug ausgeschöpft hat. Ob die hohe Zahl der Spielstätten und Lagerräume nötig ist? Vielleicht ist da weniger mehr.

Werner Strenger, Ensemblemitglied des Schauspiel Essen:

Schauspielerinnen und Schauspieler machen Mut und Lust auf den Menschen. Ohne alles Wirkliche stehen sie auf der Bühne. Alles um sie ist Behauptung, sie aber sind leibhaftig. Das ist Schauspiel. Das macht denen Mut, die es sehen. Und Lust auf sich selbst. Und auf die anderen. Mut und Lust tragen sie hinaus aus dem Theater zu denen, die es nicht gesehen haben.

So bekommt eine ganze Stadt, eine ganze Region Lust auf sich selbst. Darauf will ich als Bewohner einer Stadt und als Steuerzahler nicht verzichten. Ich brauche es so nötig wie Schneeräumung, Kanalisation. Der Beutel, der Seife, Zahnbürste, Deo enthält, heißt auch Kulturbeutel. Nur im Stadttheater gedeiht der Mut und die Kraft, aus der sich welche hinstellen mit nichts als sich selbst, um zu sagen, hier lebe ich, mehr bin ich nicht und Du, ZuschauerIn, auch nicht, und das ist gut.

Keiner wird so blöd sein, hier noch mehr sparen zu wollen. Schauen Sie doch, wie minimal die Kosten des Schauspiels sind, gemessen am Gesamthaushalt.

Fritz Behrens (SPD), Vorsitzender des Kulturausschusses im Landtag NRW:

Ich vermutete, dass wir in den nächsten zehn Jahren in der Theaterlandschaft den Stand von heute etwa halten. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass man nach 2010 einfach weitermacht wie bisher. Die Kulturhauptstadt muss einen Impuls geben, hin zu mehr Kooperationen. Sonst fürchte ich, bekommen wir irgendwann einen Theater-Tod auf Raten.

Generell kommen wir auf Sicht an einer Gemeindefinanzreform nicht vorbei, die die Kommunen entlastet. Und wir müssen uns fragen, wie verpflichtend die Finanzierung der vermeintlichen freiwilligen Leistung Kultur ist. Was dann Verteilungskämpfe mit anderen Ressorts bedeutet. Ich glaube, es muss in punkto Finanzierung ein Umdenken auf allen Ebenen geben, vor allem beim Bund.

Jürgen Hennemann, Verwaltungsdirektor Theater Oberhausen:

In den Kommunen ist das Geld knapp. Trotzdem setzen wir darauf, dass auf der Finanzierungsseite nach Lösungen gesucht wird. So wie die Politik sich in Oberhausen derzeit verhält, kann ich die Prognose wagen, dass das Oberhausener Theater auch in zehn Jahren noch spielen wird. Ich werde oft gefragt, ob ich statt mit acht Millionen Euro nicht auch mit sechs Theater machen könnte. Natürlich würde das gehen, aber nicht in den gegenwärtigen Strukturen. Das Haus mit seinen Spielstätten wäre nicht mehr zu halten, wir haben tarifvertragliche Vereinbarungen. Der Zuschauer wird die Erfüllung der Zielvorgaben seitens der Stadt in der nächsten Spielzeit spüren: Ein bis zwei Produktionen im Großen Haus werden wegfallen.

Wenn die Situation der Städte langfristig Einsparungen erfordert, müssen wir als Theater mitgestalten dürfen. Eine größere Koordination der Spielpläne und einen Austausch von Produktionen würden Bürger akzeptieren.

Jürgen Hennemann, Verwaltungsdirektor Theater Oberhausen: In den Kommunen ist das Geld knapp. Trotzdem setzen wir darauf, dass auf der Finanzierungsseite nach Lösungen gesucht wird. So wie die Politik sich in Oberhausen verhält, wage ich die Prognose, dass Oberhausen auch in zehn Jahren noch spielen wird. Ich werde oft gefragt, ob ich statt mit acht Millionen Euro nicht auch mit sechs Theater machen könnte. Natürlich würde das gehen, aber nicht in den gegenwärtigen Strukturen. Der Zuschauer wird die Erfüllung der Zielvorgaben seitens der Stadt in der nächsten Spielzeit spüren: Ein bis zwei Produktionen im Großen Haus werden wegfallen. Wenn die Situation der Städte Einsparungen erfordert, müssen wir als Theater mitgestalten dürfen. Eine größere Koordination der Spielpläne und einen Austausch von Produktionen würden Bürger akzeptieren.

Jürgen Hennemann, Verwaltungsdirektor Theater Oberhausen: In den Kommunen ist das Geld knapp. Trotzdem setzen wir darauf, dass auf der Finanzierungsseite nach Lösungen gesucht wird. So wie die Politik sich in Oberhausen verhält, wage ich die Prognose, dass Oberhausen auch in zehn Jahren noch spielen wird. Ich werde oft gefragt, ob ich statt mit acht Millionen Euro nicht auch mit sechs Theater machen könnte. Natürlich würde das gehen, aber nicht in den gegenwärtigen Strukturen. Der Zuschauer wird die Erfüllung der Zielvorgaben seitens der Stadt in der nächsten Spielzeit spüren: Ein bis zwei Produktionen im Großen Haus werden wegfallen. Wenn die Situation der Städte Einsparungen erfordert, müssen wir als Theater mitgestalten dürfen. Eine größere Koordination der Spielpläne und einen Austausch von Produktionen würden Bürger akzeptieren.