Bochum. .

„Bounty“ - der Name wird gleich mit der berühmten Meuterei auf dem Segelschiff verbunden, auf der Fletcher Christian das Kommando übernahm. Soweit gut, soweit bekannt. Henner Kallmeyers Inszenierung in Bochum gewinnt dem Mythos jedoch keine neuen Seiten ab.

Bekanntlich ereignete sich 1789 die französische Revolution. Irgendwo in der Nähe von Tahiti fand zu dieser Zeit auch die berühmte Meuterei auf dem britischen Segelschiff „Bounty“ statt. Der Erste Offizier Fletcher Christian enthob Kapitän William Bligh seiner Ämter, setzte ihn mit seinen Getreuen auf einer Barkasse aus und übernahm das Kommando. Auf diese Gleichzeitigkeit menschlicher Erhebung gegen Unrecht und Ausbeutung wurde im Vorfeld von Henner Kallmeyers Inszenierung der „Meuterei auf der Bounty“ gerne verwiesen.

Wenn man aber das Ergebnis dieser „Fassung Schauspielhaus Bochum“ sieht, dann könnte man es ebenso gut als Parallelität ansehen, dass am Wochenende der Premiere in Düsseldorf die Messe „boot“ eröffnet wurde. Das Stück ohne klaren Autor, sicher aber mit vielen Quellen, weiß in seiner personellen (nur acht Akteure) und zeitlichen (nur 85 Minuten) Begrenzung zumeist nur Altbekanntes mitzuteilen. In einer Art Schnelldurchlauf sadistischer Praktiken im Namen der Disziplin werden uns die gängigen Charakterisierungen angeboten: Fletcher Christian (Andreas Bittl) als humaner Geist, Bligh (Martin Bretschneider) als Nero im Kleinformat. Die Bestrafungen werden immer härter, der Wasserentzug zum Wohle der mitgeführten Brotfrucht-Setzlinge bringt das Fass schließlich zum Überlaufen.

Unfertiger Mensch

Immerhin zeigt Kallmeyer bei der Figur des Bligh doch Mut, aus den ausgetretenen Kinopfaden des Stoffes auszubrechen. Hier ist der Käpt’n kein gestandener Seemann, sondern ein junger Hanswurst mit Aktentasche, der gerne Kindergeburtstag feiert. Ein unfertiger Mensch mithin, hier aber mit einer Macht ausgestattet, die er weidlich auszukosten weiß.

Zu Beginn, wenn die Matrosen bei nächtlicher Stimmung aus historischen Büchern zitieren, glaubt man noch, dass hier eine Art Aufbruch ins Herz der Finsternis gewagt wird. Zumal der Koch (schön bedrohlich mit dunkler Brille: Jost Grix) immer wieder mit apokalyptischen Visionen aufwartet und das Ende schon am Anfang predigt. Aber diese melancholische Stimmung findet schnell ein Ende, weil Kallmeyer auch in der Tragödie immer wieder nach netten Gags sucht, wohlfeile Seemannslieder anstimmen und Heine-Verse als sportive Veranstaltung rezitieren lässt.

Eigentlich sollte man sich so einem Mythos wie der „Bounty“ nur dann nähern, wenn man tatsächlich etwas zu sagen hat. Hier aber bleibt alles halbgar, geschrieben aus der Erinnerung an bessere Kinoversionen. Und die Botschaft, dass Macht noch jeden korrumpiert - geschenkt. Was bleibt ist das beeindruckende Bühnenbild von Franziska Gebhardt, bei dem zumindest die Technik des Hauses glänzen kann.

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