Wien..

Falco war schön auf eine leicht schmierige Art, ölig und gleichzeitig cool, als es den Begriff noch gar nicht gab. Elf Jahre nach dem Tod des Musikers verrät Manager und Freund Horst Bork in„Falco, Die Wahrheit“, wie aus dem schüchternen Hans Hölzel der arrogante Falco wurde.

Immer dann, wenn ein Buch erscheint, welches den Untertitel „Die Wahrheit“ trägt, sollte man skeptisch sein. Auf dem Cover von „Falco“ von Horst Bork, vor wenigen Wochen erschienen, steht nicht nur „Die Wahrheit“, sondern auch noch ein zweiter Untertitel: „Wie es wirklich war - sein Manager erzählt“. Da könnte man glatt doppelt skeptisch werden angesichts der Beschwörung der Wahrhaftigkeit, obwohl gerade vom toten Falco nun wirklich kein Ärger zu erwarten ist.

Elf Jahre nach dem Unfalltod des österreichischen Popstars, eine komische, krumme Zahl, hat sich nun einer des Menschen und Künstlers Hans Hölzel angenommen, hat ihm ein Buch gewidmet, weil er der Ansicht ist, ihn gut oder besser noch als viele andere aus der jahrelangen Zusammenarbeit zu kennen. Und wir fragen uns: Warum jetzt? Warum überhaupt?

Nun, zum einen ist Falco, der sich nach einem bekannten Skispringer so nannte, durchaus auch posthum eine Erinnerung wert. Sein Tod 1998 beendete eine von Skandalen und Exzessen geprägte Ausnahmekarriere, und Falco war stilbildend für die Musik der 80er Jahre, stilbildend in Mode, Machogehabe, Mimik und Gestik.

60 Millionen Tonträger

Der Mann war schön auf eine leicht schmierige Art, ölig und gleichzeitig cool, als es den Begriff noch gar nicht gab. 144 Songs hat Falco veröffentlicht, 60 Millionen Tonträger verkauft, „Rock Me Amadeus“ kletterte 1986 als bisher einziges deutschsprachiges Lied überhaupt auf Platz 1 der US-Charts.

Falcos Live-Auftritte waren von minimalistischer Eleganz, manchmal stand er da in Lederjacke und mit speckig nach hinten gekämmten Haaren, eine Hand in der Tasche, die andere lässig hin- und her schwingend, und sang blasiert von Koks und Schnee oder - Skandal! - verzweifelt schluchzend von einem Mädchen namens „Jeanny“, mit dem ihn anscheinend eine sehr unheilvolle Beziehung verband, so dass Moderatoren der Radiosender, allen voran Thomas Gottschalk, den Mords-Song boykottierten.

Falco lebt nicht mehr, und wenn er sich nicht am 6. Februar 1998 in der Domrep mit seinem Mitsubishi Pajero und einem Drogen-Alkohol-Cocktail intus zu Tode gefahren hätte, wer weiß, welche Musik er heute machen würde.

Die Geschichte der Karriere

Jedenfalls keine so wie „Jeanny III“, ein ziemlich doof heruntergedudelter Song, der angeblich irgendwann von Falco gesungen und - Überraschung - ebenfalls neulich aus irgendwelchen Poparchiven wieder aufgetaucht ist und doch besser dort geblieben wäre. Flugs haben clevere Geschäftemacher ein Video dazu gedreht, in der Hauptrolle tanzt Falcos letzte große Liebe Caroline Perron, die damals 22 war und heute Mitte 30, lasziv durch dunkle Gänge. Falco, so viel ist sicher, windet sich in seinem Grab.

Was wir von Horst Bork erfahren, außer, dass er seinem Buch viele kuriose, private Fotos beigefügt hat, ist vor allem die Geschichte der Karriere des Hans Hölzel. Dabei gibt es jede Menge Skurriles, Hölzel war Bassist einer schrägen Performance-Band namens „Drahdiwaberl“ („Dreh dich Weiberl“), die es auf der Bühne mit Blut, Schweiß und Sex so richtig krachen ließ, blieb jedoch dort der einzige stoisch sein Instrument Spielende. Bork nahm Hölzel unter Vertrag und hatte kurz darauf mit „Der Kommissar“ einen ersten Mega-Hit.

Das ist und bleibt spannend, wie sich der schüchterne Ösi Hölzel zum arroganten Falco hocharbeitet, wie er seine Sehnsüchte und Ängste mit Drogen kompensiert, wie er, Popstar-Schicksal, bei jedem Auftritt umjubelt wird, um dann allein in seinem Hotelzimmer in die Hölle der Depression abzutauchen. Wir finden Orte wie die Essener Lichtburg wieder, in der der Film „Geld oder Leber“ uraufgeführt wurde, und Showgrößen wie Peter Alexander, der Falco in seiner Show auftreten ließ. Kleine, harmlose Schmankerl sind dabei, wie Falco sich an Bord eines Fliegers mit Zickenkönigin Diana Ross anlegt, aber eben auch Schlüpfriges, zum Beispiel, warum er in jener Nacht, als Tochter Katharina Bianca gezeugt wurde, gar nicht fähig dazu war.

Man will nicht alles wissen

Wollen wir das wirklich wissen? Denken wir lieber an die Songs, die Falco geschrieben hat, der eigentlich einer der ersten deutschsprachigen Rapper war. Horst Bork hat seine Top-Ten der Falco-Lieder am Ende veröffentlicht. Sein Favorit ist „The Sound Of Music“, Bombast-Rap mit Falco als Märchenkönig Ludwig. Unsereiner bevorzugt „Out Of The Dark“, da hatte Falcos Karriere schon einen Knick, die Produktion sollte ihm 1998 ein Comeback ermöglichen. Es geht um eine verlorene Liebe und Falco singt sich um den Verstand, allein, in einer Zwangsjacke, mit tiefen Furchen im Gesicht. Das Lied wurde erst drei Wochen nach seinem Tod veröffentlicht.