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Schauspielerin Charlotte Gainsbourg hat ihr zweites Album „IRM“ aufgenommen. Es geht um Leben und Tod. Die Musikerin erzählt im Interview über die Zusammenarbeit mit Pop-Exzentriker Beck und einem Film-Wahnsinnigen.

Charlotte Gainsbourg, 37, befindet sich am anderen Ende der Welt, als wir mit ihr sprechen. Die Tochter von Jane Birkin und Serge Gainsbourg hält sich zu Dreharbeiten in Australien auf. Zuvor jedoch hat Charlotte, die ihre Laufbahn als Schauspielerin bereits als 13-Jährige begann, gemeinsam mit Beck („Loser“) ihr zweites Album „IRM“ aufgenommen. Es ist weniger chansonlastig, sondern rhythmisch, abwechslungsreich und folkrockig geworden.

In Ihrem letzten Film „Antichrist“ haben Sie sich seelisch und körperlich entblößt, nicht zuletzt bei Sexszenen mit Willem Dafoe.

Gainsbourg: In „Antichrist“ ging ich körperlich und mental an meine Grenzen, keine Frage. Zugleich konnte ich mich aber gut von dieser Person abgrenzen, denn sie war völlig anonym. Wir drehten in Nordrhein-Westfalen, in der Nähe von Köln. Ich kannte keinen Menschen dort, deshalb war es tatsächlich sehr einsam und anonym für mich. Die Erfahrung war aber wundervoll, ich liebte jeden Tag, ich liebte selbst die Extreme, all das Leid, das meine Figur durchleben muss. Mich hat diese Arbeit wirklich befreit.

Sie haben Ihr neues Album „IRM“ zusammen mit Beck geschrieben und aufgenommen. Kann man die Zusammenarbeit mit dem Pop-Exzentriker und die mit dem Film-Wahnsinnigen überhaupt vergleichen?

Gainsbourg: Diese beiden Männer verkörpern zwei sehr unterschiedliche Welten. Ich weiß zwar nicht, ob der Filmdreh das Album beeinflusst hat, aber in Gedanken schweifte ich immer wieder zwischen Beck und Lars hin und her.

Sie nennen das Album „IRM“, das ist die französische Abkürzung für „Kernspintomographie“. Das müssen Sie erklären.

Gainsbourg: Ich hatte ein Jahr vor Beginn der Arbeit mit Beck einen schweren Unfall. Beim Wasserskifahren zog ich mir eine Hirnblutung zu. Erst brummte der Kopf nur ein bisschen, aber dann wurde es immer schlimmer. Also ging ich ins Krankenhaus und bekam gesagt, dass mein Leben in Gefahr sei. Ich weiß gar nicht, wie häufig man mich in den Tomographen geschoben hat, aber als ich dort lag, kamen mir die ersten Ideen für dieses Album. Ich wollte das Geräusch des Gerätes unbedingt in einem der Songs haben. Und dann baute sich das Album nach und nach um dieses Grundthema namens „Leben und Tod“ auf.

Haben Sie Angst vor dem Tod?

Gainsbourg: Mein ganzes Leben lang hatte ich das nicht. Im Gegenteil. Ich fand den Gedanken interessant, irgendwann zu gehen. Ja, man kann fast sagen, ich habe mich auf den Tod gefreut. Aber dann, als er wirklich so nah kam wie nie zuvor, war ich unglaublich erschrocken.

Haben Sie Ihr Leben nach dem Unglück geändert? Oder fahren Sie immer noch Ski?

Gainsbourg: Meine Familie hat mich angefleht, nie wieder Ski zu fahren. Aber ich muss das tun. Ich bin nicht vorsichtiger geworden. Ich mag Vorsicht nicht.

Können Sie die Musik Ihrer Eltern mittlerweile, da Sie selbst Musikerin bist, stärker genießen?

Gainsbourg: Nein, das hat sich überhaupt nicht geändert. Ich bewundere die beiden aus tiefstem Herzen, aber trotzdem vermeide ich es, insbesondere die Lieder meines Vaters anzuhören.

Hören Sie seine Musik wirklich nie zu Hause?

Gainsbourg: Das fällt sehr schwer. Es tut weh, auch nach all den Jahren, in denen er nicht mehr da ist. Die Stimme ist lebendig, ich kann mir seine Musik nicht gut anhören. Sie bringt mich dazu, runterzutauchen, an ihn zu denken, traurig zu werden. Wenn ich die Lieder von Serge höre, dann nur sehr, sehr bewusst.