Der bubenhafte Charme ist ihm geblieben – wie auch sein treues Publikum. Mit 66 Jahren zieht es den ewig jungen Liedermacher Stephan Sulke wieder auf die Bühne; u.a. in Oberhausen (10.4.) präsentiert der Wahl-Franzose seine Hits ("Uschi") sowie Songs vom neuen Album „Mensch ging das aber schell".

Herr Sulke, Sie wurden in Shanghai geboren, haben in Frankreich, den USA und der Schweiz gelebt. Sehen Sie sich mehr als Weltbürger oder entdecken Sie an sich auch unverkennbar deutsche Züge?

Sulke: Wissen Sie, die eigenen Wurzeln können Sie nicht kappen. Sonst sterben sie. Und klar, dieses Heine-Syndrom habe ich natürlich schon. Sonst würde ich ja auch nicht versuchen, in Deutschland Dinge zu machen.

In Deutschland haben Sie auch schlimme Erfahrungen gemacht: 1994 wurden Sie das Opfer einer Entführung...

Sulke: Ja, das war ein sehr interessantes und bereicherndes Erlebnis, das man allerdings niemandem wünschen möchte. Wieso mich einer entführen wollte, kann ich bis heute nicht verstehen. Es war wohl schlicht ein Irrtum.

Spüren Sie Nachwirkungen?

Stephan Sulke live:

10.4. Oberhausen (Theater)

17.4. Köln (Bürgerhaus Stollwerck)

Karten (ca. 25-29 €) gibt's im TICKET-SHOP: 01805/280123, www.DerWesten.de/tickets

Sulke: Na hören Sie mal! Wenn sie gefesselt in einem Kofferraum liegen und nicht wissen, wohin die Reise geht – das bleibt ihnen für den Rest des Lebens. Man wird aber auch leichter. Denn es hat mir wieder gezeigt: Nicht ich bin der Chef, sondern das Schicksal.

Zwischenzeitlich hatten Sie sich aus dem Musikgeschäft zurückgezogen. Was zieht Sie nun wieder auf die Bühne?

Sulke: (lacht) Meine Frau stellt sich die gleiche Frage. Die Wahrheit ist: Ich bin zu doof, zu faul, zu sehnsüchtig, zu verliebt in die Musik, um etwas anderes zu machen. Ich kann nicht anders. Aber ich garantiere Ihnen: Wenn ich die Schnauze voll haben sollte, höre ich noch am selben Tag auf.

Neuerdings malen Sie auch...

Sulke: Ja, mit Bildern können sie Sachen sagen, für die sie sonst 30 Seiten Text bräuchten. Der Vorteil: Man kann zu Hause arbeiten und muss nicht vor Publikum treten.

Treten Sie denn ungern auf?

Sulke: Nein, ich liebe das Publikum! Aber man muss die Realitäten sehen: Irgendwann wird man vom Aussehen eingeholt. Und ein Auftritt ist eine enorme physische Anstrengung.

Dabei wirken Sie alterslos.

Sulke: Ja, ich bin ein Kindskopf. Ich mache die ganze Zeit nur Schabernack und kann mich an irgendeinem Quatsch erfreuen wie ein 15-Jähriger.

Umso kurioser, dass Ihr größter Hit schon 28 Jahre alt ist.

Zur Person:

1943: Sulke kommt in Shanghai zur Welt, die Eltern waren aus Nazi-Deutschland geflohen.

1963: Erste Veröffentlichungen in Frankreich unter dem Pseudonym „Steff”.

1982: Der Song „Uschi, mach kein Quatsch” wird zum Hit.

1994: Nach einer Entführung zieht sich Sulke aus der Öffentlichkeit zurück – bis zu seinem Comeback 1999.

Sulke: Dabei ist die „Uschi” heute aktueller denn je. Der Song ist von so einer arglistigen und gemeinen Bosheit gegenüber den ganzen Emmas und Emanzen. Ich habe aber den Verdacht, dass das damals nicht verstanden wurde.

Arm hat die „Uschi” Sie aber nicht gemacht, oder?

Sulke: Nein, sie hat mir aber auch geschadet. Ich war ja längst etabliert bei einem „anspruchsvollen” Publikum. Und dann ist der Song fast zu so einem Volkslied geworden.

Deutschsprachige Songs sind erst jetzt wirklich en vogue. Waren Sie zu früh dran?

Sulke: Würden Sie bitte aufhören, in meiner Wunde zu drehen! Das ist meine große Lebenstragödie – ich war immer zu früh. Ein Jahr, zehn Jahre, 20 Jahre. Das bringt mich manchmal auf die Palme!