Essen. Vom Bordstein auf die Showbühne: Das RTL-"Supertalent" startet im Februar seine erste Deutschland-Tournee (live u.a. in Düsseldorf und Bochum). Mit dabei sind musikalische Weggefährten des ehemaligen Straßenmusikers.

Das will schon was heißen: Sogar der sonst so gnadenlose Galgenstrick gab sich handzahm. Fast hätte sich Dieter Bohlen sogar ein Tränchen aus dem gestrengen Juroren-Auge gewischt. Fürwahr, tief bewegt wirkte der Mann – wie auch Millionen vor den Bildschirmen: angerührt vom Auftritt eines Mannes, der die uralte amerikanische Erfolgsstory „Vom Tellerwäscher zum Millionär” in eine bundesdeutsche Variante übersetzt hatte. Michael Hirte, vom Hartz IV-Empfänger zum Plattenstar.

Der Mann mit der Mundharmonika übernahm damit die Hauptrolle eines Rührstücks, das kein Seifenopern-Drehbuchautor überzeugender hätte aushecken können. Schwer gebeutelt nach einem Lkw-Unfall 1991, damals zwei Monate im Koma, seither auf einem Auge erblindet und ein Bein steif, vor einigen Jahren von der Frau verlassen – ein armer Teufel, der sich die schmale Stütze als Straßenmusiker in Potsdam aufbesserte.

Und dann das: Ende November der triumphale Sieg mit 72,6 % bei der zweiten Staffel des RTL-Castings „Das Supertalent”, innerhalb weniger Tage danach mehr als 100 000 verkaufte Longplayer, Platz 1 der Albumcharts in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Werbeverträge.

Der deutsche Paul Potts war geboren – noch so ein hässliches Entlein, das sich zum stolzen Schwan der Popmusik gemausert hatte. Das wiederum war sicher nicht allein seinem Können, sondern auch seiner anrührenden Vita geschuldet – was der „Focus” nicht ganz frei von Häme mit der Schlagzeile „Spiel mir das Lied vom Hartz” zusammenfasste. „Ich kann es immer noch nicht glauben”, kommentierte der Gewinner seinen Coup, „ein Traum geht in Erfüllung!”

Der findet nun seine Fortsetzung. Denn Hirte startet eine bundesweite Tour, die ihn auch nach Düsseldorf (27.3.) und Bochum (29.3.) führt. Mit Orchester und musikalischen Wegbegleitern wird der 44-Jährige Höhepunkte seines RTL-Auftritts und Songs seines Albums „Der Mann mit der Mundharmonika” anstimmen. Darunter neben Easy-Listening-Klassikern wie „Time To Say Goodbye”, „Morning Has Broken” und „Bright Eyes” auch den Kirchenschlager „Ave Maria”, mit dem er beim „Supertalent” die Unterarmhaare von Millionen Zuschauern strammstehen ließ.

Fast gleichzeitig zum Tourauftakt erscheint am 25.2. Hirtes Autobiographie: „Der Mann mit der Mundharmonika – Mein Leben”. Auf 200 Seiten wird er die Höhen und Tiefen seiner wechselvollen Vita Revue passieren lassen. „Damit möchte ich Menschen Mut machen, die heute in einer ähnlichen Lage zurechtkommen müssen wie ich damals.” Vielleicht hilft's ja sogar.