In der Region. Star-Motivator Biyon Kattilathu ist erfolgreich auf Parkett und Bühne – das war nicht immer so. Im Interview berichtet er von Anfeindungen.
Als erfolgreicher Motivationscoach und -speaker begeistert Biyon Kattilathu regelmäßig ein großes Publikum – zuletzt zum Beispiel in Duisburg oder Essen (2024 und 2025 stehen noch weitere Auftritte in der Region an, s. Textende). Seit dem 23. Februar steht er aber auch für den RTL-Quotenhit „Let‘s Dance“ auf dem Tanzparkett und schlägt sich dabei sehr gut. Aber auch mit seinen Büchern ist der 39-Jährige, der in der Jugend mit Rassismus zu kämpfen hatte und in Prügeleien verwickelt war, erfolgreich. Mit „Der Rikscha-Fahrer, der das Glück verschenkt“ schaffte er es etwa bis auf Platz vier der Spiegel-Sachbuch-Bestsellerliste. Wie Kattilathu, der in den vergangenen Monaten auch zur Zielscheibe von Oliver Pocher wurde, dabei auf die Kritik reagiert, er verkünde lediglich Binsenweisheiten, lesen Sie in unserem Interview.
Wie machen Sie die Menschen in Ihrer Show glücklicher?
Ich mache sie gar nicht glücklicher, sondern sie machen sich selbst glücklicher. Es kommt kein Mensch in unser Leben, der uns glücklicher macht. Es kann jemand kommen, der uns ein bisschen inspiriert, der uns neue Perspektiven oder Ansichten aufzeigt. Aber die Antworten werden ja in den Menschen gefunden. Jeder, der zu mir in die Show kommt, macht sich selbst glücklicher. Und das geschieht eigentlich nicht, indem man etwas mitnimmt, sondern oftmals dadurch, dass man etwas da lässt – also ein paar Zweifel, ein paar Ängste oder was man sonst so in seinem Rucksack mit sich herumträgt.
Biyon Kattilathu: „Ich habe viel Rassismus erlebt“
Sie geben Selbsthilfetipps, z.B. wie man seine Selbstzweifel besiegen kann? Wie entwickeln Sie diese Tipps? Studiert haben Sie Wirtschaft, oder?
Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen studiert und auch promoviert. Und bei der Promotion ging es auch schon so ein bisschen um die Motivationspsychologie, mehr im wirtschaftlichen Kontext. Also wie man Mitarbeiter oder Menschen generell motiviert. Ich glaube aber, die Theorie ist gar nicht so entscheidend. Das Leben hat mir am meisten beigebracht, und dabei waren es auch oftmals die schwierigen oder herausfordernden Zeiten, die mich extrem geprägt haben. Ich spreche etwa von Dingen wie dem Tod geliebter Menschen. Es geht auch um Zeiten, in denen ich sehr viel Rassismus gespürt habe. Das hat mich extrem geprägt und das hervorgebracht, was ich gerne weitergeben würde. Auf der Bühne sitzt heute noch in der Ecke der kleine Biyon und der freut sich, dass ich das jetzt erzähle – weil er das damals auch gebraucht hätte.
Wie wurden Sie mit Rassismus konfrontiert?
Ich war eigentlich immer der einzige Dunkelhäutige im Kindergarten und in der Grundschule und habe gespürt: ,Du bist irgendwie anders‘. Deshalb war als Kind mein größter Wunsch, auch hellhäutig zu sein. Ich dachte, wenn ich hellhäutig wäre, hätte ich all diese Probleme nicht. Das hat mich später noch begleitet. Im Studium gab es zum Beispiel einen Abend, an dem ich in fünf Diskotheken nicht reingekommen bin. Manchmal spüre ich das immer noch. Ich kriege ja ganz, ganz viele tolle Nachrichten, aber auch teilweise mal böse – und da sind viele dabei, die auch sehr rassistisch sind. Aber mittlerweile kann ich sehr gut damit umgehen, weil ich weiß, dass ein Problem immer dort ist, wo es entsteht. Als Kind wusste ich das nicht. Als Kind habe ich das Problem bei mir gesucht und das war eine sehr herausfordernde Zeit.
Biyon Kattilathu: „Ich bin in Hagen in sehr, sehr einfachen Verhältnissen aufgewachsen“
Es heißt, Sie gerieten damals als Jugendlicher beinahe auf die schiefe Bahn.
Ich bin in Hagen in sehr, sehr einfachen Verhältnissen aufgewachsen – ohne dass ich die Verantwortung jetzt auf das Umfeld schieben will. Aber man hing oftmals auch mit Leuten ab, die weniger Mittel zur Verfügung hatten. So haben wir uns viel auf Straße aufgehalten, und da kam man auf doofe Ideen, man ist oftmals in Streitereien, in Prügeleien verwickelt gewesen. Wenn ich da nicht irgendwann die Kurve bekommen hätte, wäre das auch nicht schön ausgegangen. Da gab es auch mal Sozialstunden.
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Wofür zum Beispiel?
Das resultierte aus einer Prügelei. Ich musste eine Jugendherberge tapezieren, das weiß ich noch ganz genau. Das war nicht einfach, weil ich auch die Decken tapezieren musste (lacht).
Sie haben damals den Kampfsport für sich entdeckt. Stimmt es, dass Sie sogar Deutscher Meister im Taekwondo waren?
Ja, das stimmt. Ich war immer sehr ehrgeizig, und da habe ich dann auch die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Ich war auch im U-18-Nationalteam für Deutschland. Der Sport hat mir extrem geholfen. Tae steht ja für Fußtechniken, Kwon für Handtechniken und Do steht für den Geist. Ich hab also mit sechs Jahren im Training schon angefangen zu meditieren. So habe ich in diesem jungen Alter schon gelernt, die Augen zu schließen, zu reflektieren und zu mir zu kommen.
Wie gehen Sie heute mit Kritik um?
Ich reagiere total verständnisvoll. Erstmal hat ja jeder, der etwas sagt, recht, also in seiner Welt. Sonst würde er das ja nicht sagen. Für mich ist es wichtig, erstmal Verständnis zu schaffen, damit man nicht sofort in einen Kampf gerät. Wer ist dieser Mensch und warum sagt er das? Wenn der andere ein bösartiges Motiv hat, dann sollte man sich vielleicht nicht zu lange damit beschäftigen. Wenn es eine konstruktive Kritik ist, dann sollte man sich schon damit beschäftigen.
Biyon Kattilathu: „Ich könnte alles extrem wissenschaftlich und kompliziert ausdrücken“
Der Literaturkritiker Denis Scheck hat über Ihr Buch „Der Rikscha-Fahrer, der das Glück verschenkt“ mal geschrieben, es sei voller Binsenweisheiten.
Man kann schnell sagen, das sind Binsenweisheiten. Aber die Frage ist, bin ich bereit, vor der Kritik auch mal ein bisschen tiefer einzutauchen. Wem dient das Ganze? Warum ist es vielleicht so dargestellt? Ich könnte alles, was ich sage, extrem wissenschaftlich und kompliziert ausdrücken. So, dass nur noch meine Professoren und meine Freunde von der Uni sagen: ,Okay, ich verstehe es, und ich finde es total anspruchsvoll.‘ Mein Ziel, auch in der Show, ist aber, es so weit herunterzubrechen, dass jeder es versteht. Ich glaube, das ist die große Kunst, etwas so simpel und einfach darzustellen, dass jeder Mensch sagt, ja, das finde ich super. Ich sage am Anfang der Show ja auch immer, ,Leute, heute erzähle ich euch nichts Neues. Aber ich werde euch an Dinge erinnern, die schon längst in euch sind.‘
Biyon Kattilathu verspricht „inspirierende Unterhaltung“
Wer kommt zu Ihnen in die Show?
Die unterschiedlichsten Menschen, da sieht man alle Hautfarben. Das ist religions-, kultur- und altersübergreifend. Neulich hatten wir drei Generationen nebeneinandersitzen, eine neunzigjährige liebe Omi, ihre Tochter und ihre Enkelin. Es hat nicht jeder im Publikum ein schwerwiegendes Problem. Im Gegenteil, da sind Freundinnen oder Pärchen, die einfach einen schönen Abend haben wollen, die sagen, wir lassen uns mal so ein bisschen inspirieren. Inspirierende Unterhaltung könnte man das nennen. Und deshalb ist es so wichtig, es wirklich so simpel zu machen, dass jeder sagt, das finde ich gut, das kann ich mir auch merken und das nehme ich mit.
Wir haben schon über negative Erlebnisse gesprochen. Jüngst hatten Sie eins mit Oliver Pocher. Ist das inzwischen überstanden?
Das ist ja teilweise noch ein schwebendes Verfahren. Deswegen darf ich dazu gar nicht so viel sagen. Ich kann aber generell sagen, dass ich wirklich mit allen Menschen immer irgendwie eine friedliche Lösung finde. Von daher wünsche ich wirklich allen Menschen das Beste und Seelenfrieden.
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Sie machen regelmäßig Ihr Publikum glücklich. Wie belohnen Sie sich selbst?
Die Menschen, die Energie, die ich spüre, das ist für mich der größte Lohn. Gerade auch durch den persönlichen Kontakt bei den Autogrammstunden. Da gibt es wunderbare Begegnungen. Neulich kam ein kleiner Junge auf mich zugelaufen, zehn Jahre alt, und hat mich richtig innig umarmt. Die Mutter stand geschockt daneben, was ich nicht verstand. Ich fragte sie, was denn los sei. Darauf sagte sie, ,Mein Sohn ist Autist und er hat noch nie in seinem Leben einen fremden Menschen umarmt – du bist der erste.‘ Ich sah in ihren Augen diese Liebe und die neue Erkenntnis, es geht plötzlich. Solche Begegnungen sind so extrem schön für die Seele. Ansonsten bin ich wie jeder andere Mensch auch und freue mich, wenn ich mal was Schönes essen kann oder ein gutes Buch lese. Gerne bin ich auch in den Bergen, da kann ich am meisten Kraft tanken.
Sie sehen nicht nur gut aus, sondern sind auch stets gut angezogen. Ist Ihnen Mode wichtig?
Vielen Dank für die netten Worte. Mode ist nicht unglaublich wichtig, aber ich mag das schon. Ich finde es schon schön, wenn man sich gut kleidet. Es ist auch ein Akt der Selbstliebe. Ich finde es schön, wenn man sich einfach gut um sich selbst kümmert. Wenn man sich pflegt, wenn man Sport macht oder sich zumindest körperlich betätigt.
Kann man sagen, dass die Lederjacke Ihr Markenzeichen ist?
Also, sie war auf jeden Fall mal ein Markenzeichen. Als ich damals angefangen habe, in meiner kleinen Einzimmerwohnung die ersten Videos zu machen, da hatte ich auch keinen großen Kleiderschrank. Aber was auf jeden Fall da war, war die Lederjacke. Und irgendwie mochte ich das so und habe sie eigentlich unbewusst in den ersten Videos immer angezogen. Irgendwann haben mich die Leute auf der Straße angesprochen als den Typen mit der Lederjacke, das war dann schon so eine Art Markenzeichen. Aber das wird weniger, sie hat noch nicht ausgedient, aber sie ist nicht mehr so präsent, wie sie mal war.
Bioyon Kattilathu live – Termine in der Region:
- Mit dem Programm „Lebe. Liebe. Lache“: 17.6.2024 Witten (Saalbau), 30.9.2024 Münster (Halle Münsterland), 13.12.2024 Hamm (Westpress Arena), 28.12.2024 Köln (Lanxess Arena).
- Mit dem neuen Programm „Schokolade für die Seele“: 8.5.2025 Witten (Saalbau).
- Weitere Termine und Karten ab ca. 40 € gibt‘s hier.